Kommentar Volksinitiative "Schule in Freiheit": Mehr Freiheit hilft nicht allen
Die Forderungen der Volksinitiative klingen zunächst schlüssig. Doch der Geforderte Wettbewerb birgt auch eine Gefahr.
Kein Wunder, dass über 27.000 Berlinerinnen und Berliner für die "Schule in Freiheit" unterschrieben haben. Die Forderungen der Volksinitiative klingen zunächst schlüssig. Würden Privatschulen komplett öffentlich finanziert, müssten sie kein Schulgeld mehr erheben. Dann gäbe es mehr Chancengleichheit: Auch arme Eltern könnten sich aussuchen, ob sie ihre Kinder auf die Waldorfschule oder die staatliche Schule um die Ecke schicken wollen.
Die Forderung, den staatlichen Schulen mehr Freiheiten bei Inhalten, bei der Auswahl der Lehrkräfte und beim Budget zu lassen, hat ebenfalls Charme. Tatsächlich ist der Spielraum der staatlichen Schulen, um ein eigenes Profil zu entwickeln, bislang ziemlich klein. Auch deshalb ziehen sie im Vergleich zu den Privaten oft den Kürzeren. Ein bisschen Wettbewerbsfreiheit würde nicht schaden.
Doch genau dieser Wettbewerb birgt auch eine Gefahr. Die Ideen der Initiative setzen ganz auf eigenverantwortliches Handeln, auf das Engagement von Eltern, Lehrern und Schulleitern. Wo all das vorhanden ist, könnten sich stärker als heute eigene Modelle entwickeln, Lehrer sich verwirklichen und Schüler begeistert werden. Was aber, wenn das Engagement fehlt?
Ein Teil der bildungsbewussten Eltern schickt seine Kinder bereits jetzt auf Privatschulen. Würden die freien Schulen den staatlichen komplett gleichgestellt, würde sich dieser Trend verstärken. Staatliche Schulen hätten dann viel schneller das Stigma der Restschule weg. Die soziale Entmischung würde sich verschärfen. Das kann keiner wollen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Nach der Sicherheitskonferenz
Expressverbindung von München nach Paris