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Kommentar Volksentscheid PrimarschuleKlagen können auch andere

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Scheuerl will offenbar noch die letzten Überbleibsel dieser Reform beseitigt sehen.

D er Volksentscheid zur Primarschule ungültig - wegen juristischer Mängel? Sicher: Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn es so käme. Aber an diesem Szenario zeigt sich auch: Klagen - oder damit drohen - kann nicht nur Walter Scheuerl, das können auch andere. Politisch gewonnen hat die Auseinandersetzung dennoch seine Volksinitiative "Wir wollen lernen".

Umgehen kann sie damit offenbar nicht: WWL legt ein Verhalten an den Tag, das der Lage nicht angemessen ist. Mittels eines - inzwischen ja sogar verbindlichen - Volksentscheids ist da eine große Reform gestoppt worden, von deren Sinn die Regierenden durchweg überzeugt waren. Aber Scheuerl reicht das nicht. Er will offenbar noch die letzten Überbleibsel dieser Reform beseitigt sehen. So entwickelt sich etwa in Sachen Schulversuche jetzt eine Stimmung, die an Denkverbote grenzt.

In seinem Null-Toleranz-Gebaren macht Scheuerl politisch nun die ersten Fehler: Wendet er sich gegen 800 Eltern, dürfte seine Glaubwürdigkeit als Streiter für die Elternrechte gehörig Schaden nehmen.

Es wäre gut, wenn das Gericht sich jetzt noch einmal mit dem Volksentscheid vom 18. Juli befasst. Manche unter den siegreichen Primarschulgegnern scheinen vor Kraft kaum laufen zu können. Eine juristische Entscheidung könnte ihnen eine Gehhilfe sein.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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2 Kommentare

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  • U
    Uticensis

    Gerade wenn die gesamte Politikerschaft gegen den Volksentscheid auftrat (was vielleicht einmal ein Nachdenken über Funktionsdefizite unserer repräsentativen Demokratie auslösen sollte), besteht die Gefahr, dass ein Volksentscheid nicht "dagegen ankommt" und "hinterum" konterkariert wird.

     

    Einziges Korrektiv dagegen ist die Justiz (und vielleicht noch Öffentlichkeit). Deswegen ist der Schritt von Scheuerle erwartbar und naheliegend. Und vor allem ein Dienst an der Demokratie.

  • G
    Geradeaus

    Hätten nicht auch die Reformbefürworter bei verlorenem Volksentscheid die letzten Überbleibsel der bisherigen 4jährigen Grundschule beseitigt? Ich kann mich nicht erinnern, dass hier Ausnahmen geplant waren für Eltern und Schüler, die diese Schulform gewählt hatten und gerne behalten hätten.

    War es nicht gerade der Senat, der in den Verhandlungen das von der Volksinitiative angebotene Nebeneinander von Grund- und Primarschulen aus organisatorischen und pädagogischen Gründen ablehnte? Wird hier nicht doch mit zweierlei Maß gemessen?