Kommentar Völkermord-Urteil: Historisches Unterfangen
Der Prozess gegen den ruandischen Bürgermeister Rwabukombe vor dem Frankfurter Oberlandesgericht war ein Wagnis. Es ist geglückt.
![](https://taz.de/picture/122402/14/0698_03.jpg)
E s war ein gewagtes Unterfangen, deutsche Richter über den Völkermord in Ruanda urteilen zu lassen. Dass der ruandische Exbürgermeister Onesphore Rwabukombe jetzt vom Oberlandesgericht Frankfurt schuldig gesprochen wurde, ist allein schon deswegen ein historisches Ereignis.
Dass Rwabukombe jetzt lediglich wegen „Beihilfe“ verurteilt wurde und bei guter Führung wahrscheinlich nach weniger als sechs Jahren wieder ein freier Mann sein wird, wird im Einzelnen sicher noch zu Diskussionen führen. Es ist auf den ersten Blick unlogisch, es einerseits für erwiesen zu halten, dass der Exbürgermeister beim fraglichen Massaker von Kiziguro entgegen seiner eigenen Darstellung anwesend war und Befehle zum Töten erteilte, und andererseits seine „Tatherrschaft“ als „nicht nachweisbar“ zurückzuweisen, weswegen nur eine Verurteilung wegen Beihilfe in Betracht komme.
Aber Fragen im Einzelnen dürfen den Blick auf das Ganze nicht verstellen. Dieser Prozess zeigt zunächst einmal, dass Täter abscheulicher Verbrechen nicht hoffen können, sich in Deutschland der strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen. Er zeigt auch, dass Probleme bei der Beweisermittlung und der Zeugenvernehmung kein Grund sein können, einen solchen Prozess nicht zu Ende zu führen. Das hat beides über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung.
Und nicht zuletzt ist der Prozess eine Genugtuung für Ruandas Völkermordüberlebende. Der Senat hat ihre Aussagen ausdrücklich als „glaubhaft“ gewürdigt. Die Richter haben verstanden, dass nicht für sie selbst dieser Prozess die größte Herausforderung gewesen ist, sondern für die Menschen, die zutiefst traumatische Erlebnisse vor einem deutschen Gericht schildern mussten. Die Opfer ernst zu nehmen und am Ende den Angeklagten schuldig zu sprechen – darauf kam es in Frankfurt an, und das wurde erreicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm