Kommentar Versorgungspolitik: Flucht nach Hannover
Dass Boris Pistorius "Gibst du mir, geb ich dir"-Personalpolitik ins Debakel geführt hat, ist weder Pech noch Zufall - und dass der OB nun aus dem Schlamassel nach Hannover flieht passt nur zu gut ins Bild.
B oris Pistorius hat in Osnabrück keinen guten Job gemacht. Dass er jetzt in Stefan Weils Schattenkabinett versorgt wird, hat er insofern wohl eher der Tatsache zu verdanken, dass er sich schon früh SPD-intern für den jetzigen Spitzenkandidaten ausgesprochen hatte. In Osnabrück indes hinterlässt er, seit 2006 im Amt, so unerfüllte wie vollmundige Versprechungen.
Die markanteste war die Ankündigung, die Stadtverwaltung new-labourmäßig und nach dem Muster eines Unternehmens „ganz neu aufzustellen“. Vom „Konzern Osnabrück“ war die Rede, und schnell zeigte sich: Diese Reform sollte vor allem auf dem Feld der Personalpolitik Wirkung zeigen. Zurückzuweisen ist das böse Gerücht, dabei hätten Parteibücher stets die Hauptrolle gespielt. So hätte Pistorius ja liebend gerne dem bequemen Stadtbaurat von der CDU die Amtszeit einfach verlängert, nachdem die CDU die von ihm vorgeschlagene SPD-Kämmerin Jutta Bott so großzügig unterstützt hatte.
Zum Glück ist Osnabrück kein Konzern, sondern eine Stadt. Die kann so schnell nicht pleite gehen. Trotzdem ist das Debakel unübersehbar. Und es ist weder Zufall noch Pech, dass diese „Gibst du mir, geb ich dir“-Personalpolitik dorthin führt. Denn weder beruht sie auf Integrität noch auf Qualifikation. Wenn sich der OB dann dem Schlamassel durch Flucht nach Hannover entzieht, ist das, wenn auch kein schönes, so doch ein rundes und in sich stimmiges Bild.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Krieg im Nahen Osten
Definitionsmacht eines Genozids
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Verhandlungen mit den Grünen
Und was ist mit dem Klima?
Sondierung und Klima
Ein Kapitel aus dem Märchenbuch
Grünen-Realo Sergey Lagodinsky
„Vollgas in die Sackgasse tragen wir nicht mit“