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Kommentar VerkehrskampagneTiefensee setzt auf Todesanzeigen

Kommentar von Richard Rother

Die neue Anti-Raser-Plakatkampagne ist nett, bringt aber nichts. Gegen die vielen Verkehrstote würde nämlich vor allem eines helfen: ein Tempolimit.

"Raser sind so sexy", "Raser sind so cool" - auf Werbeplakaten an Autobahnen zeigen derzeit junge Frauen und Männer mit eng beieinanderliegendem Daumen und Zeigefinger, was sie von Rasern halten. Diese Plakatmotive will Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nun austauschen. Künftig sollen Plakate, die wie Todesanzeigen gestaltet sind, auf die Folgen des Geschwindigkeitsrauschs hinweisen - und möglichen Opfern ein Gesicht geben. Das Ansinnen ist löblich, auch die Umsetzung der Werbekampagne ist ansprechend - aber mit Reklame allein lässt sich das Problem nicht lösen. Von der nahe liegenden Maßnahme, ein generelles Tempolimit in Deutschland einzuführen, wagt Tiefensee nicht zu reden. So wirkt seine Werbung schwach und fast schon zynisch.

Dabei ist es höchste Zeit zu handeln. Zwar hat die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland in den vergangenen Jahren abgenommen, dieser Rückgang aber hat sich im letzten Jahr deutlich verlangsamt. 2007 kamen auf deutschen Straßen fast 5.000 Menschen ums Leben, die Zahl der Unfälle und der Verletzten sank nicht. Hauptursache für schwere Unfälle sind nach wie vor Raserei und Alkohol am Steuer.

Ein Tempolimit könne Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit nicht überall verhindern, argumentiert Tiefensee, zum Beispiel auf der Landstraße oder in Tempo-30-Zonen. Das ist richtig, greift aber zu kurz. Ein Tempolimit könnte nämlich, von einer Kampagne unterstützt, einen generellen Imagewandel einleiten - cool wäre nicht mehr das schnelle, sportliche, aggressive Fahren, sondern das zivilisierte, defensive.

Wäre es so, ließen sich viele Umwelt-, Klima- und Verkehrsprobleme des Autoverkehrs zumindest begrenzen: Langsame Fahrzeuge brauchen weniger PS, weniger Treibstoff, weniger breite Straßen als schnelle; sie erhöhen die Sicherheit und die Kapazität des vorhandenen Straßennetzes. Viele Deutsche haben das längst begriffen, wie die steigende Zustimmung für ein Tempolimit in Umfragen zeigt. Diese Chance hätte Tiefensee nutzen können.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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2 Kommentare

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  • R
    Reuter

    430 000 Verletzte bei Verkehrsunfällen im Jahre 2007 auf deutschen Straßen - das entspricht etwa der Einwohnerzahl von Leipzig! Als nur verletzt gilt in dieser Statistik übrigens auch, wer 31 Tage nach einem Verkehrsunfall an dessen Folge stirbt, stirbt er dagegen einen oder zwei Tage früher, gilt er noch als Verkehrstoter... - die moderne Medizin hilft also der Unfallstatistik der Autolobby/ pardon des Statistischen Bundesamtes;-) indem sie tödlich Verletzte über die 30-Tage-Grenze hinweg am Leben erhält und dann die eigentliche Zahl der Verkehrstoten schönt... - und ach ja, da wären ja noch die vom Autoverkehr beeinflussten Umweltfaktoren (Feinstaub/Lärm/CO2/Verbrennung fossiler Rohstoffe/Ressourcenverschwendung/Bodenversieglung mit Asphalt/zugeparkte Straßen...) - wer Auto fährt, kauft/verkauft, tankt usw., der verhält sich eben einfach nur extrem asozial - unsere Nachkommen werden sich bedanken, was für eine schöne Welt wir ihnen hinterlassen...

  • JB
    Jens B.

    Zivilisiertes und defensives Autofahren ist sehr gut ohne Tempolimit möglich. Jeder kann es bereits heute und ohne irgendwelche gesetzlichen Maßnahmen selber in die Tat umsetzen. Insofern hat Herr Tiefensee Recht, wenn er mit freiwilligen Maßnahmen an die Vernunft appelliert.

     

    Zudem ist für die allermeisten Autofahrer weder sportliches noch defensives Fahren cool - sie wollen nur möglichst sicher, komfortabel und schnell an Ihr Ziel.