Kommentar Verkehr: Nur kontrollieren reicht nicht
Rücksichtnahme ist wichtig - aber über Plakate wird die kaum zu erreichen sein.
J eder ist einer zu viel. Jeder der 54 Toten und der noch unbekannten Zahl an Verletzten 2011 im Straßenverkehr. Doch wenn der Verkehrssenator nun eine Plakatkampagne für mehr Rücksicht starten will und gleichzeitig sagt, dass die Berliner ja "gute Autofahrer" seien, wenn die Polizeipräsidentin sich ärgert, dass Radfahrer rote Ampeln überfahren, dann zeigen sie, dass sie den Kern des Problems nicht verstanden haben.
Natürlich, Kontrollen können helfen. Doch nur, wenn die kontrolliert werden, die auch die schweren Unfälle verursachen. Genauso wie das Gesetz für Autofahrer bei Unfällen - wegen der grundsätzlichen Gefährdung durch ihr Fahrzeug - standardmäßig eine teilweise Haftung vorsieht, müssen Politik und Polizei standardmäßig die Starken in die Pflicht nehmen. Denn was passiert, wenn zwei Fußgänger zusammen stoßen? Und was, wenn es sich um Auto und Fußgänger handelt? Eben.
Wichtiger aber ist eine Veränderung der Kultur. Rücksichtnahme, klar - aber über Plakate wird die kaum zu erreichen sein. Vielleicht helfen höhere Bußgelder. Vielversprechender wären bessere Voraussetzungen, um das Auto stehen zu lassen und selbst zu erfahren, was es heißt, in Berlin Radfahrer oder Fußgänger zu sein. Wer einmal selbst über eine grüne Ampel fährt und dabei fast von einem Rechtsabbieger, der sich den Schulterblick spart, überfahren wird, wer einmal selbst hinter dem in der zweiten Reihe parkenden Auto hervortritt und gleich wieder nach hinten springt, um die eigene Nase zu retten - der verhält sich auch als Autofahrer rücksichtsvoller.
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