Kommentar Verkauf der Kaiser's-Filialen: In der Mitte zerrieben
Die Kunden lieben es entweder spottbillig wie bei den Discountern oder aber teuer und luxuriös. Für Kaiser's war da kein Platz mehr
E s klingt wie eine stattliche Summe: 1,94 Milliarden Euro betrug der Umsatz von Tengelmanns Kaiser’s-Filialen im vergangenen Jahr. Aber auch Milliarden können Peanuts sein. Kaiser’s hatte einen Marktanteil von ganzen 0,6 Prozent im Lebensmitteleinzelhandel. Das war zu wenig, um noch mithalten zu können. Jetzt sollen die Filialen an Edeka verkauft werden, dem Größten der Branche.
Bei den Lebensmitteln zeigen sich zwei Tendenzen, die den gesamten Kapitalismus kennzeichnen. Erstens: Die Konzentration in der Branche ist extrem. Die vier größten Ketten Aldi, Lidl, Rewe und Edeka teilen sich fast den gesamten Umsatz. Derartige Oligopole finden sich in allen Wirtschaftszweigen, ob es Auto- oder Chemiebetriebe sind.
Wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat, kontrollieren weniger als ein Prozent der Unternehmen etwa 65 Prozent des Umsatzes in Deutschland. Dahinter verbirgt sich eine gnadenlose Logik: Es geht darum, die gesamte Wertschöpfungskette von den Rohstoffen bis zum Absatz zu dominieren.
Das Bundeskartellamt will den geplanten Verkauf der Kaiser's-Tengelmann-Supermärkte an den Konkurrenten Edeka genau unter die Lupe nehmen. In der Branche sei „schon die jetzige Konzentration ein Problem“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Dienstag. „Jede weitere Konzentration wirft schwierige wettbewerbsrechtliche Fragen auf. Natürlich werden wir das konkrete Vorhaben intensiv prüfen.“ Das Kartellamt hatte sich bereits im September besorgt über die Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel gezeigt. Eine im September veröffentlichte Untersuchung der Behörde hatte ergeben, dass Marktführer Edeka sowie Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland 85 Prozent des deutschen Lebensmittelabsatzes auf sich vereinen.
Zweitens: Die Mitte wird zerrieben. Kaiser’s lebte vor allem vom normalen Markenprodukt, doch die Kunden bevorzugen die Extreme. Sie wollen es entweder spottbillig wie bei den Discountern – oder teuer und genussorientiert. Oft wird beides kombiniert. Die Nudeln stammen von Aldi und der frische Fisch vom Wochenmarkt.
Dies ist kein deutsches Phänomen, sondern klassische Supermärkte haben es überall schwer: Albert Heijn in den Niederlanden und Tesco in Großbritannien kämpfen ebenfalls damit, dass ihre Kunden zu den Discountern abwandern. Bei Autos, Möbeln oder Kleidern geht es ähnlich zu – die Kunden pendeln zwischen Billigangeboten und Luxus. Erst geht’s zu Primark und dann ab in die Boutique.
Die Märkte werden sich weiter wandeln, etwa durch das Internet. Aber wie Amazon zeigt, gilt auch im Netz: Wenige Handelsriesen dominieren.
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