Kommentar Verfassungsschutz: Eine fragwürdige Personalie
Wer schützt uns vor diesem Verfassungsschutz? Es ist schon bemerkenswert, wenn eine CDU-Ministerpräsidentin die eigene Landesbehörde am liebsten loswerden möchte.
W er schützt uns vor diesem Verfassungsschutz? Diese Frage treibt viele um. Es ist ja schon bemerkenswert, wenn eine CDU-Ministerpräsidentin die eigene Landesbehörde am liebsten loswerden möchte – auf nichts anderes läuft ihr Vorschlag hinaus, eine gemeinsame Behörde für alle mitteldeutschen Bundesländer zu schaffen. Und sicher ist das Ansinnen der Justizministerin richtig, die Anzahl der Ämter zu reduzieren.
Aber all das nützt nichts, wenn sich an der grundsätzlichen Einstellung nichts ändert. Denn es lag ja nicht nur an mangelnder Abstimmung, dass das rechtsterroristische Potenzial so krass unterschätzt wurde. Die krasse Betriebsblindheit ist eher darauf zurückführen, dass mörderischer Türkenhass, wie ihn die NSU-Zelle antrieb, viel zu lange nicht als ernste Gefahr angesehen wurde.
Aufschlussreicher als der Bericht des Verfassungsschutzes, den er am Mittwoch in Berlin vorstellte, wäre wohl ein Bericht, der die Verfassung und das Innenleben der Behörde im Bund und in den Ländern beleuchten würde. Ersatzlos abschaffen, wie Teile der Linkspartei und der Grünen es fordern, lässt sich die Behörde wohl nicht. Dafür wiegen die Gefahren durch Rechtsextreme und islamistischen Terrorismus zu schwer.
ist Redakteur für Migraton und Integration im Inlandsressort der taz.
Doch das Scheitern der Sicherheitsdienste, die angesichts der beispiellosen Mordserie jahrelang im Dunkeln tappten, hat die Schwachstellen schonungslos offengelegt. Und wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz jetzt davor warnt, die Rechtsterroristen aus Zwickau könnten Nachahmer finden, dann kann man nur hoffen, dass sich die Inlandsgeheimdienste künftig besser gewappnet zeigen.
Dafür müsste der neue Chef als Erstes einen Mentalitätswandel einläuten, damit Rassismus in all seinen Facetten nicht mehr so krass unterschätzt wird. Ob Hans-Georg Maaßen, der sich im Innenministerium als Hardliner in Sachen Asyl und Migranten profiliert hat, dafür der Richtige ist, dass muss er noch unter Beweis stellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen