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Kommentar Urteil zur FDLR-MilizTaten ohne Täter

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Ruandische Rebellen haben im Kongo Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Zu belangende Täter wird es wohl nie geben.

Ignace Murwanashyaka, oberster Führer der FDLR, 2011 im Oberlandesgericht Stuttgart Foto: dpa

S traflosigkeit beenden, Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen – es sind hehre Ziele, die sich die internationale Gemeinschaft seit einem Vierteljahrhundert auf die Fahnen schreibt. Ad-hoc-Tribunale, der Internationale Strafgerichtshof, das Weltrechtsprinzip, in Deutschland das Völkerstrafgesetz: Es existiert mittlerweile ein beeindruckender juristischer Apparat, der dafür sorgen soll, dass schwerste Menschheitsverbrechen nicht länger ungesühnt bleiben.

Wie schwierig das aber in den Mühen des juristischen Alltags ist, zeigt sich jetzt wieder einmal in Deutschland. Seit rund zehn Jahren jagen deutsche Behörden die in Deutschland lebenden politischen Führer der im Kongo kämpfenden FDLR-Miliz – ein Sammelbecken flüchtiger Völkermordtäter aus Ruanda und ihrer auf Revanche für ihren Sturz sinnenden Anhänger – für die von der Miliz verübten Verbrechen.

Nun hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden: FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka, oberster politischer und militärischer Führer der Organisation und seit 2009 in deutscher Haft, ist nicht als Täter zu belangen, wie es die Anklage gefordert hatte – und sogar seine erstinstanzliche Verurteilung wegen Beihilfe durch das Oberlandesgericht Stuttgart vor gut drei Jahren muss neu verhandelt werden.

Dem gegenüber steht eine andere Feststellung aus Karlsruhe: Die FDLR hat im Kongo sehr wohl Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen – also systematisch Kongos Zivilbevölkerung angegriffen – und nicht nur Kriegsverbrechen im Kampf gegen Kongos Armee, wie die Stuttgarter Richter kurioserweise geurteilt hatten, nachdem sie aus Zeitmangel drei Viertel der Anklage hatten fallen lassen müssen.

Bewältigung der Gegenwart

Für die kongolesischen Überlebenden der FDLR-Angriffe mag es eine Genugtuung sein, dass die Schwere der an ihnen verübten Gräuel endlich von einem Gericht anerkannt wird. Zumindest einige wenige Taten werden jetzt korrekt identifiziert. Aber zu belangende Täter – die gibt es nach wie vor nicht. Und es wird sie wohl auch nie geben.

Auf ähnliche Probleme in diesem Bereich stößt derzeit ein ums andere Mal der Internationale Strafgerichtshof. Denn solange eine bewaffnete Gruppe, die Verbrechen an Zivilisten verübt, weiter militärisch aktiv ist und Menschen vor ihr Angst haben müssen, bleibt es unmöglich, in ihrem Wirkungsgebiet angemessen zu ermitteln und auch Opferzeugen in einer gerichtlich verwertbaren Weise aussagen zu lassen. Verurteilen lassen sich Verbrecher erst, wenn ihre Verbrechen Geschichte sind. Die Bewältigung der Gegenwart aber ist in erster Linie Sache der Politik.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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    es heißt seit 1948 international:



    Verbrechen gegen die Menschheit nicht Menschlichkeit.