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Kommentar Urteil zu FerienwohnungenSo wird Berlin zu London

Kommentar von Martin Reeh

Zweitwohnungen dürfen über Internetportale an Feriengäste vermietet werden. Das verschärft die Wohnungsknappheit weiter.

Urlaub in Berlin? Foto: dpa

D ieses Urteil ist ein Schlag ins Kontor für den Berliner Senat. Wenige Wochen vor den Wahlen hat das Verwaltungsgericht erlaubt, Zweitwohnungen über Airbnb und andere Portale für Feriengäste zu vermieten. Das mag in den Einzelfällen, über die entschieden wurde, kein Problem sein. Zukünftig aber dürfte es die Wohnungsknappheit in der Hauptstadt weiter verschärfen.

Erstens ist damit eine Umgehungsmöglichkeit für das ansonsten weiter bestehende Vermietungsverbot an Urlauber geschaffen. Zukünftig können Wohnungen über Strohleute angekauft werden, die behaupten, ein paar Wochen im Jahr dort zu leben, um sie dann bei Airbnb einzustellen. Wer wirklich wie lange darin verbringt, ist für die Bezirksämter kaum zu überwachen.

Zweitens – und das ist das größere Problem – ist Berlin im doppelten Sinne in: als Touristenziel und als Kapitalanlage im internationalen Immobilienmarkt. Wer in Großbritannien oder Italien über genügend Geld verfügt, sich eine zweite Wohnung im Ausland zu kaufen, aber nicht genug, um diese das ganze Jahr leerstehen zu lassen, kann in Zukunft wieder an Feriengäste vermieten. Diese bescheren nicht nur höhere Einnahmen als normale Mieter, sie haben auch keinen Kündigungsschutz. Der Run auf den Berliner Immobilienmarkt wird damit weiter zunehmen.

Damit steht sechs Wochen vor der Wahl die Stadtentwicklungsstrategie der SPD auf der Kippe. Sie setzte bislang auf einen Dreiklang aus Bevölkerungswachstum, Wohnungsneubau und einer Regulierung des Wohnungsmarktes, die die Mieten einigermaßen im Zaum halten kann. Nachdem sich zuerst die Maas’sche Mietpreisbremse als nahezu unwirksam erwies, ist jetzt dem Ferienwohnungsverbot ein großer Zahn gezogen.

Wenn Berlin nicht London werden soll, bleibt zweierlei: eine Strategie, das Wachstumstempo zu reduzieren – oder ein höherer Anteil an öffentlichen Wohnungen als bisher geplant. Neubau alleine wird kaum helfen. Ein Teil der neuen Wohnungen findet sich zukünftig direkt auf Airbnb wieder.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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3 Kommentare

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  • Dagegen hilft nur sozialer Wohnungsbau - die Gentrifizierung wird in den attraktiven Lagen trotzdem weitergehen.

    • 8G
      80975 (Profil gelöscht)
      @Justin Teim:

      "Psst" - sagen Sie das nicht!

      Dann müsste die Politik ja wieder eine Bringschuld von denen fordern, für die sich unsere neoliberal organisierte Gesellschaft als lukrativ erweist.

      Und das, wo doch soviel Mühe aufgebracht wurde, die politisch abgerungene Beteiligung der Menschen am gesellschaftlichen Wohlstand wieder Rückgängig zu machen und wieder nach oben zu leiten; und dann kommen die Menschen auch noch auf solche Ideen, dass die Politik einen gesellschaftlichen Auftrag hat und Gesellschaft sich nach den Bedürfnis der Menschen gestalten könnte usw...usw... ;-)

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Erst wird der soziale Wohnungsbau vernachlässigt und abgebaut, dann sollen all jene dafür herhalten, die sich in Berlin eine Wohnung kaufen!? Ich halte das Vermietungsverbot von Ferienwohnung ebenso für verfassungswidrig wie ein verordnetes Rauchverbot in Kneipen (bin militanter Nichtraucher). Eigentum verpflichtet zwar, aber nicht dazu, die Unfähigkeit der Lokalregierung zu kompeniseren. Die Regierung von Berlin ist u.a. dazu da, für erschwinglichen Wohnraum zu sorgen. Soll sie bauen und dafür sorgen, dass solche Leute in die niedrigpreisigen Wohnungen ziehen, die darauf ein Anrecht haben. Wenn sie das als Stadtstaat nicht steuern kann, soll sie abdanken und das Regieren der Wirtschaft überlassen. Die haben dann ganz bestimmt ein Herz für Kinder, Geringverdienende und Sozialhilfeempfänger. Erst neoliberal handeln und sich dann über die Konsequenzen beschweren, ist nicht nur bescheuert, es ist abgrundtief verlogen.