Kommentar Urheberrecht: Nicht weit genug gedacht?
Es ist richtig, dass die Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen gedeckelt werden sollen. Den KünstlerInnen hilft das aber nicht.
D as Thema ist trocken, die Flächenwirkung immens: Per Gesetz will die Koalition die Abmahnflut nach Verletzung des Urheberrechts rechtlich begrenzen. In Zukunft soll bei einem erstmaligen Verstoß gegen das Urheberrecht – im Fokus sind vor allem Dateihoster und Filesharer – der Streitwert auf 1.000 Euro beschränkt werden. Die Anwaltskosten sollen nicht mehr als rund 155 Euro betragen. Man wolle dem „Abmahnwahn“ einen Riegel vorschieben, hieß es dazu aus der Union.
So sollen die geschützt werden, die sich nicht notorisch im Netz bedienen. Das zieht beim Wähler. Die Intention dahinter ist klar: Schwarz-Gelb signalisiert, dass man den Verbraucher schützen will.
Allerdings kann die Deckelung des Streitwerts „bei besondern Umständen“ wieder ausgehebelt werden. Wann diese eintritt, bleibt schwammig. Das dürfte wiederum die Gerichte beschäftigen – Opposition und Verbraucherzentrale übten daran zu Recht Kritik.
Jan Scheper ist Volontär bei der taz.
Mittlerweile hat sich eine Abmahnkultur etabliert. Dass die Politik gegen „unseriöse Geschäftspraktiken“ vorgehen will, ist notwendig. Die vorgeschlagenen Summen erscheinen verhältnismäßig moderat – auch wenn eine Hintertür offen bleibt. Dennoch sorgen sich nun – wie in der Initiative „Don’t Fuck With Music“ – KünstlerInnen öffentlich, dass das Urheberrecht aufgeweicht werden könnte.
Diese Stimmen sind ebenso ernst zu nehmen wie der Verbraucherschutz. Denn: Das fraglos insbesondere unter digitalen Maßstäben reformbedürftige Urheberrecht bewahrt die Rechte der Künstler auf eine angemessene Vergütung ihrer Arbeit. Letztlich sollte im Rahmen der Abmahndebatte auch darüber diskutiert werden, welche Schadenersatzforderungen jenseits der Anwaltskosten gerechtfertigt erscheinen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja