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Ich plädiere dafür, die Gebühren nicht zu bezahlen und die Helfer abzuziehen. Ungeahtet der Frage, ob dies den Präsidenten beeindruckt. Ferner plädiere ich für ein Waffenembargo und das Einfrieren von Bankkonten.
Der Kommentar zeigt gut das Dilemma humanitärer Hilfe. Es gibt Regierungen und regierungsnahe Profiteure der Hilfe, die über solche Gebühren, hohe Zölle oder überhöhte Mieten vom Elend der eigenen Landsleute profitieren. Solche Praktiken funktionieren deshalb, weil die Regierungen wissen, dass die Hilfe auf jeden Fall geleistet wird. Nicht dass der Regierung die eigene Bevölkerung besonders am Herzen läge - aber wenn keine Helfer kommen, fließt auch kein Geld in ihre Kassen. Wer sich zu sehr damit arrangiert, vergeudet Hilfsgelder, die anderswo effektiver hätten eingesetzt werden können.
Doch die Hilfsindustrie funktioniert nicht so. Es gibt ein Wettlauf nicht nur um Gelder sondern auch um Projekte und Hilfsmöglichkeiten. Da werden noch so große Kröten geschluckt, um als einziges an einem bestimmten Ort zu sein und damit das Profil der eigenen Organisation zu schärfen. Es wird Zeit, dass hier die UN neue Standards setzt und durchsetzt. Aktuell profitieren Hilfsindustrie und Regierungen zu sehr und die notleidende Bevölkerung zu wenig von der Hilfe.
Die Debatte um die Grenzen Deutschlands erinnern an historische Debatten um nationale Souveränität – und zeigt: Grenzen sind soziale Konstrukte.
Kommentar Unterstützung für Südsudan: Schmutzige Hilfe
Die Helfergebühren sind reine Abzocke. Doch die UN könnten Finanzsanktionen gegen die Regierung erlassen, um gegen den Hunger vorzugehen.
Es wäre gar nicht so schwer, zu helfen Foto: dpa
Man muss ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, wenn Südsudans Regierung jetzt Abzocke betreibt. 10.000 US-Dollar soll es kosten, als ausländischer Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in Südsudan tätig zu werden. 10.000 US-Dollar – das entspricht genau der jährlichen Schulgebühr für jeden der vier Enkel des südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir im Nachbarland Kenia.
Irgendwo muss dieses Geld ja herkommen, und wer an der Höhe zweifelt, sollte bedenken, dass es eine verantwortungsvolle Aufgabe ist, zu Salva Kiirs Familie zu gehören. Mehrere seine Kinder tragen auf ihren Pässen als Berufsbezeichnung „Son Of President“ und sitzen in dieser Funktion in Chefetagen wichtiger Unternehmen. Und wie sollte ohne diese selbstlose Tätigkeit der Unterhalt der präsidialen Ranch funktionieren, neben der Südsudans Präsident die Kampfhubschrauber parkt, mit denen seine Armee Luftangriffe auf Zivilisten fliegt? Die kann man ja nicht einfach irgendwo herumstehen lassen.
All diese Erkenntnisse, im vergangenen September in einer internationalen Untersuchung veröffentlicht, sollten es eigentlich leicht machen, gegen Südsudans Regierung nicht nur ein Waffenembargo, sondern auch Finanzsanktionen zu verhängen und die eingefrorenen Gelder dafür zu nutzen, hungernde Südsudanesen am Leben zu erhalten. Aber für einen solchen Eingriff in die nationale Souveränität gibt es keine Mehrheit im UN-Sicherheitsrat. Also müssen die Hilfswerke im Südsudan zahlen – und stillhalten. Schließlich brauchen sie nicht nur Arbeitsgenehmigungen, sondern auch Visa, lokale Mitarbeiter, unzählige Genehmigungen und am Ende die Sicherheit, nicht über den Haufen geschossen zu werden.
Will jemand aus grundsätzlichen Erwägungen dafür plädieren, die Leute lieber verhungern zu lassen, im Irrglauben, damit den Präsidenten zu beeindrucken? Wer in einem Bürgerkriegsland hilft, macht sich die Hände schmutzig. Das ist die Realität.
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Kommentar von
Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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