piwik no script img

Kommentar UkraineGebt Kiew eine reelle Chance!

Wenn Symbolpolitik an die Stelle politischer Entscheidungen tritt, dann wird sie zu politischer Folklore. Genau das passiert gerade im Umgang mit der Ukraine.

N ichts gegen Symbolpolitik. Sie kann Debatten prägen und politische Entscheidungen vorbereiten. Wenn Symbolpolitik aber an die Stelle politischer Entscheidungen tritt und keine weitere Aufgabe hat, als den Mangel an ihnen zu verdecken, dann wird Symbolpolitik zu politischer Folklore.

In diese Kategorie fallen die Reaktionen im Fall der inhaftierten und schäbig behandelten ukrainischen Politikerin Julia Timoschenko, in Berlin und auch in Brüssel.

Wieso? Die Ukrainepolitik von Bundesregierung und EU-Kommission wird bestimmt von zwei Erkenntnissen: Die eine: Kiew ist die Hauptstadt eines europäischen Staates. Während der friedlichen orange Revolution von 2004 hat seine Bevölkerung gezeigt, dass sie Demokratie und eine Orientierung nach Europa wünscht.

Heike Holdinghausen

ist Redakteurin im Ressort Ökologie & Wirtschaft der taz.

Die EU als „sanfter Riese“, der mit dem Wohlstand, der Freiheit und Sicherheit seiner Bewohner einen Sog auf seine Umgebung auslöst und sie befriedet, kann das nicht ignorieren. Daher das aufgeregte Geschwätz um die Fußball-EM.

Die andere Erkenntnis: Europa, vor allem Deutschland, ist abhängig von russischem Erdöl und Erdgas. Den europäischen Hauptstädten ist daher nicht daran gelegen, Moskau an die Seite Pekings zu treiben – wie unangenehm das ist, haben die beiden im Ringen um einen Entschluss des Sicherheitsrats gegen Syrien gezeigt. Moskau, das ist fast schon eine außenpolitische Doktrin, wird nicht verärgert.

Weil das so ist, haben weder Brüssel noch Berlin der Ukraine jemals ernsthaft das Einzige eröffnet, was dem Land tatsächlich Demokratie und Rechtsstaat bringen könnte: eine europäische Perspektive. Eine, die mittelfristig eine enge Nachbarschaftspolitik mit Reisefreiheit, enger wirtschaftlicher Zusammenarbeit und einem Institutionentransfer vorsieht, und langfristig: einen Beitritt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • H
    Hoga

    Die Bevölkerung? Die Mehrheit hat anders gewählt. Wenn das mit der Ex-Präsidentin alles Unrecht ist, dann muss und kann man an den europäischen Gerichtshof gehen. Hier würde sich doch kein Mensch aufregen, wenn sie für Moskau votiert hätte. Der Großeinsatz der Heuchler hilft niemandem.

    Europa soll also auch noch die Ukraine alimentieren? Hat man nicht genug finanzielle Probleme? Im Zentrum der Debatte sollte der Kampf wirtschaftlicher Kreise in den USA gegen das wirtschaftsmächtige Europa stehen. Aber die 'Einheitspresse' (Grass) wagt in die Richtung keine Kritik. Da quatscht man von Menschenrechten. Wo gibt es die? Kinder- und Altersarmut sind z.B. auch Verstösse gegen das Menschenrecht auf Leben.