Kommentar Ukraine: Ohne Opposition geht nichts

Die Massenproteste in der Ukraine dauern an. Präsident Janukowitsch scheint verstanden zu haben, dass er die Opposition einbeziehen muss. Ergebnis offen.

Wiktor Janukowitsch auf dem Maidan-Platz in Kiew. Bild: dpa

Vielleicht sind die ersten Gespräche zwischen Vertretern der Oppositionsparteien und der Regierung, die am vergangenen Freitag ergebnislos endeten, wirklich nur ein Hinhaltemanöver des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Und vielleicht ist die Entlassung des Kiewer Bürgermeisters und des Vizechefs des Nationalen Sicherheitsrates nichts weiter als ein Bauernopfer, um die Gegner der Regierung ruhigzustellen.

Dennoch zeigen die jüngsten Entwicklungen: Janukowitsch scheint verstanden zu haben, dass Aussitzen oder der Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten keinen Ausweg aus der Krise weist. Anders gesagt: Die Rechnung ist nicht mehr zu machen, ohne die Oppositionsparteien und die Massen, die seit Wochen den Unabhängigkeitsplatz in Kiew belagern.

Derlei Vorgänge müssen Russlands Prsidenten Wladimir Putin ungeheuerlich erscheinen. In seiner gelenkten Demokratie werden Kritiker mundtot gemacht und hinter Gitter gebracht. Daher braucht es dort weder runde Tische mit der Opposition noch müssen diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die wahllos auf Protestierende einprügeln oder sie in Pseudoprozessen aburteilen.

Nach russischer Lesart sind ohnehin wieder einmal westliche Provokateure am Werk – genauso wie 2003 in Georgien oder 2004 in der Ukraine. Dazu passt es dann auch, der EU Realitätsverlust und Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine vorzuwerfen – ein Gebaren, das Russland natürlich gänzlich fremd ist.

Wie die Machtprobe in Kiew ausgehen wird, ist schwer vorauszusehen. Nicht auszuschließen, dass wieder Sondereinsatztruppen der Polizei auf Demonstranten losgehen. Dennoch: Das Land ist nicht mehr dasselbe wie vor einigen Wochen. Das muss auch Putin zur Kenntnis nehmen. Alles andere wäre Realitätsverlust.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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