Kommentar Überwachung Linkspartei: Sabotage der Demokratie
Das Urteil zur Überwachung der Linken durch den Verfassungsschutz ist ein dringender Fall für das Bundesverfassungsgericht.
S o ein bescheuertes Urteil! Nicht nur die Linke kann weiter vom Verfassungsschutz beobachtet werden, auch über den nun wirklich völlig unrevolutionären Abgeordneten Bodo Ramelow darf wieder eine Personenakte des Geheimdienstes angelegt werden.
Da behaupten die obersten Verwaltungsrichter in Leipzig allen Ernstes, dass das Sammeln von Zeitungsausschnitten über die Tätigkeit von Abgeordneten sinnvoll sei, um die Diktatur des Proletariats zu verhindern. Nichts als vorgeschobene Argumente. Nicht der Inhalt der Akte ist entscheidend, sondern dass der Dienst überhaupt Akten über die Linke und ihre Abgeordneten angelegen darf, ist die Botschaft. "Die sind gefährlich, die führen vielleicht finstere Pläne im Schilde, die müssen jedenfalls genau überwacht werden." Das sind die Botschaften, die mit einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz transportiert werden. Der Anwalt des Dienstes hat es in Leipzig ganz offen gesagt: Die Stigmatisierung der Überwachten sei keine unbeabsichtigte Nebenfolge, sondern geradezu ein Zweck der Maßnahme.
Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Deutlicher als mit der Überwachung der Linken, kann man auch kaum zeigen, wie der Verfassungsschutz in den politischen Meinungskampf eingreift und ihn verzerrt. Da werden einige romantische Revoluzzer und ML-Traditionalisten in der Linken zum Anlass genommen, um eine zutiefst links-sozialdemokratisch Partei in Verruf zu bringen. Das hilft der SPD, die Nummer eins im linken Spektrum zu bleiben. Und es nutzt der Union, weil es rot-rot-grüne Bündnisse erschwert. Das Leipziger Urteil kommt wie bestellt.
Doch weil hier so unverhohlen die Demokratie sabotiert wird, ist das Urteil ein dringender Fall für das Bundesverfassungsgericht. In Karlsruhe wird die Entscheidung vermutlich nicht lange Bestand haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg