Kommentar US-Schusswaffenkontrolle: Die Lobby lässt nicht locker
Dass der US-Senat nun wenigstens über strengere Waffengesetze diskutiert, ist nur dem Druck von unten zu verdanken. Ein Durchbruch ist aber nicht zu erwarten.
S pätestens nach den Massakern der letzten Monate – nach Aurora, Oak Creek und Newtown – erschien es als eine Angelegenheit des gesunden Menschenverstands, dass der Kongress der USA nach Mitteln und Wegen suchen würde, um die Zirkulation von Schusswaffen zu bremsen. Zumal jeden Tag neue tödliche Gewalttaten - und damit neue Argumente für eine Schusswaffenkontrolle - hinzu kommen: Allein in den vier Monaten seit dem Amoklauf an der Sandy Hook-Grundschule in Newtown sind 3.300 Menschen in den USA an Kugeln gestorben.
Und dennoch wäre die Debatte, ohne das Engagement von unten nicht zustande gekommen. Die Abstimmung, mit der der Senat am Donnerstag die Debatte eröffnet hat, ist nicht Politikern, sondern der Zivilgesellschaft zu verdanken. Kirchen, Bürgerrechtsvereine und vor allem die Angehörigen von Opfern haben ihre Kraft gebündelt, um ihre Abgeordneten zu zwingen, ihre Arbeit zu tun.
Es half, dass die überwältigende Mehrheit der US-AmerikanerInnen – inklusive der republikanischen Basis – inzwischen ebenfalls mehr Schusswaffenkontrolle verlangt. Aber dennoch war es bis zum letzten Moment offen, ob die Debatte überhaupt zustande kommen würde. Denn wenn es um Schusswaffen geht, hört ein großer Teil der US-Volksvertreter nicht auf jene, die sie wählen, sondern auf die, die sie finanzieren. In diesem Fall die Schusswaffenlobby.
ist USA-Korrespondentin der taz. Sie lebt und arbeitet in Washington D.C..
Deren größter Verein, die National Rifle Association, kontrolliert und korrumpiert den kompletten politischen Prozess: vom Wahlkampf, über die Arbeit der Abgeordneten, bis hin zu Medien-Kampagnen, in denen sie Patriotismus und Angstmacherei geschickt verbindet und das 6-Milliarden-Dollargeschäft mit Schusswaffen und Munition ausblendet. Es ist erfreulich, dass die Öffentlichkeit der USA sich nicht länger vor den Karren der NRA spannen lassen will.
Doch zugleich sind die schlechten Nachricht unübersehbar. Dass 31 Senatoren am Donnerstag gegen eine Debatte gestimmt haben, ist ein demokratisches Trauerspiel. Und dass von den 68 anderen, die immerhin bereit sind, zu debattieren, nicht wenige jedes zusätzliche Gesetz für Schusswaffenkontrolle für verfassungswidrig halten, ist niederschmetternd.
Selbst wenn der Senat am Ende ein Gesetz verabschieden sollte, das sich voraussichtlich auf Backgroundchecks beschränken und kein Verbot des Handels mit halbautomatischen Kriegswaffen enthalten wird: Unwahrscheinlich ist, dass es die Hürde der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus nehmen wird. Ein Anfang also, kein Durchbruch.
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