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Kommentar US-AutolobbyDie Pleite wird vertagt

Kommentar von Stephan Kosch

Die US-Autoindustrie bekommt einen 15-Milliarden-Kredit vom Staat. Eine gute Sache, die das Sterben der Autolobby jedoch nur herauszögert.

Bild: taz

Stephan Kosch ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Die drei großen US-Automobilhersteller werden eine milliardenschwere Finanzspritze vom Staat bekommen. Zwar werden zunächst statt der geforderten 34 Milliarden Dollar nur 15 Milliarden Dollar fließen. Aber damit ist das Überleben bis in das kommende Frühjahr hinein gesichert. Zu dieser Zusage gab es keine ernsthaft zu erwägende Alternative. In einer Zeit des Übergangs im Weißen Haus mindestes zwei der Hersteller, Chrysler und GM, in den Konkurs gehen lassen? Bei einer Arbeitslosenquote, die so hoch ist wie seit 34 Jahren nicht mehr? Unmöglich für jeden, der die durch den Sieg Obamas entstandene positive Aufbruchstimmung in den USA nicht im Keim erstickt sehen will. Insofern also können auch die überzeugtesten Gegner von Geländewagen und US-amerikanischem Autofetisch nicht gegen die Staatshilfe sein.

Doch die Frage ist: Wie geht es ab März weiter, wenn die 15 Milliarden aufgebraucht sein werden? Erstens: Die Konzerne werden mehr Geld fordern. Denn in wenigen Monaten ist weder die Modellpalette zu erneuern noch wird sich die konjunkturelle Lage gebessert haben. Im Gegenteil, es wird noch schlimmer werden. Dann wird es darauf ankommen, neue Finanzhilfen an strenge Auflagen zu knüpfen. Insofern ist die jetzt diskutierte Installierung eines "Auto-Zaren", der über die Verwendung und die anstehende Restrukturierung der Unternehmen wacht, eine gute Idee.

Zweitens: Es ist wahrscheinlich, dass mindestens eines der drei Unternehmen Ende 2009 nicht mehr existiert. Dabei wird es Chrysler treffen, das nach der Trennung von Daimler als schwächster Hersteller dasteht. Ob es eine Zwangsfusion mit GM gibt oder Chrysler endgültig abgewickelt wird, ist offen. Letzteres wäre ökonomisch das Sinnvollere, denn schon die Sanierung von GM wird ein Kraftakt ohnegleichen. Außer dem Elektroauto Chevrolet Volt, das dazu noch maßgeblich in Rüsselsheim entwickelt wird, hat der Gigant kaum zukunftsfähige Projekte. Und ohne diese werden die jetzt nötigen Finanzhilfen das Sterben der US-Autoindustrie allenfalls herauszögern, aber nicht verhindern.

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