Kommentar UN-Menschenrechtsrat: Steilvorlage für Assad
Libyen ist nicht gleich Syrien. Die UN-Sondersitzung demonstrierte, dass die Menschenrechte nicht universell und unteilbar sind. Und dass Geopolitik schlicht wichtiger ist.
Vom Recht auf Leben und die Freiheit von Folter und anderer unmenschlicher Behandlung darf unter keinen Umständen ein Ausnahme gemacht werden, auch nicht in Notstandszeiten." Mit dem Zitat dieser wichtigen 4. Norm des UNO-Pakts über die zivilen und politischen Menschenrechte beginnt die Resolution zur Verurteilung Syriens, die die USA mit Unterstützung der EU-Staaten auf der Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrates am Freitag einbrachten.
Eine Steilvorlage für all jene Regierungen, die - aus welchen Motiven auch immer - eine Verurteilung Syriens ablehnten. Sie brauchten nur auf die zahlreichen Verstöße gegen diese Menschenrechtsnorm zu verweisen, die die USA seit den Terroranschlägen vom 11. September begingen - in Abu Ghraib, Guantánamo und anderswo.
Fazit der Sitzung: In Syrien hat ein friedlicher Demonstrant noch weniger das Recht, nicht verhaftet, gefoltert oder erschossen zu werden, als in Libyen; auch deshalb, weil der Westen nichts tut für die Menschenrechte der Palästinenser in den israelisch besetzten Gebieten oder der Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo. So geriet die Sondersitzung zu Syrien seitens aller Beteiligten zu einer Demonstration, dass die Menschenrechte entgegen allen Beteuerungen eben nicht universell und unteilbar sind.
Das hatte bei der Sitzung des Menschenrechtsrates zu Libyen Ende Februar noch ganz anders ausgesehen. Auch weil sich Libanon, Irak, Jordanien, die Golfstaaten und die Palästinenser damals deutlich für eine Verurteilung des Gaddafi-Regimes ausgesprochen hatten. Doch diese Länder, zumeist unmittelbare Nachbarstaaten Syriens, hielten sich diesmal auffällig zurück. Nicht aus Sympathie mit dem Assad-Regime, sondern weil dessen Kollaps für die Stabilität dieser Länder viel gravierendere Auswirkungen haben könnte als der Abtritt Gaddafis.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!