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Kommentar UN-EntwicklungsgipfelDurchmarsch der reichen Länder

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Der Westen hat in Addis Abeba kompromisslos auf dem ökonomischen und finanzpolitischen Status Quo beharrt. Das ist der Weg in den Abgrund.

Konferenzsaal im äthopischen Addis Abeba. Foto: dpa

V iel Öffentlichkeit hat sie nicht bekommen, die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung, die von Montag bis Donnerstag in Addis Abeba getagt hat. Zu Unrecht. Denn was da beschlossen wurde – oder genauer: was da nicht beschlossen wurde – ist wichtig. Und deprimierend.

Die sechs Handlungsfelder, die 2002 auf der ersten solchen Konferenz im sogenannten Monterrey-Konsensus festgehalten wurden, definieren recht zielgenau, an welchen Stellschrauben in welcher Richtung gedreht werden müsste, um die unglaublichen Ungerechtigkeiten der weltweiten Finanzströme auszugleichen. Es geht darum, den Milliarden Menschen, die in den armen und ärmsten Ländern der Welt leben, den Zugang zu Entwicklung, zu Basisgesundheit, Bildung, Ernährung und Einkommen zu ermöglichen.

Nur: Umgesetzt ist davon 13 Jahre später nichts. Darum sollte es eigentlich gehen in Addis Abeba. Aber schon in den monatelangen Vorverhandlungen war klar geworden, dass der geschlossene Block der Industrieländer die Aufnahme jeglicher Formulierung verhindern würde, die tatsächlich eine der vielen notwendigen Veränderungen bringen könnte. Denn natürlich geht es dabei letztlich um Umverteilung – und das könnte jene etwas kosten, die von Ungerechtigkeit profitieren.

Der Westen hat in Addis Abeba kompromisslos und mit allen Mitteln der Einschüchterung auf dem ökonomischen und finanzpolitischen Status quo beharrt, hat die Gewinnmaximierungsinteressen transnationaler Konzerne deutlich höher angesiedelt als das öffentliche Wohl. Jeder, der bei Verstand ist, erkennt das als Weg in den Abgrund.

Spätestens wenn das nächste Mal ein europäischer Regierungspolitiker daherredet, man könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, man solle besser die Fluchtursachen angehen, gehört ihm das Abschlussdokument von Addis Abeba so lange um die Ohren gehauen, bis es richtig wehtut.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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3 Kommentare

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  • Das Ergebnis ist wohl auch deshalb so deprimierend, weil das kritische linke und grün-liberale Lager meinte, die Rio+20 UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahre 2012 und die mit ihr auf den Weg gebrachten Prozesse zur Formulierung von UN-Nachhaltigkeitszielen tapfer ignorieren zu können oder gar (siehe das 2012 parallel organisierte Weltsozialforum) zu "bekämpfen".

     

    Welch Weltzivilisationssprung allein die Formulierung der UN-Nachhaltigkeitsziele unter Umständen ermöglichen, scheint außer der unermüdliche Jens Martens kaum wer auch nur zu ahnen.

     

    Statt die ja tatsächlich skandalöse Differenz zwischen Absichtserklärungen zur nachhaltigen Entwicklung und der die schnöde Wirklichkeit bestimmenden Liberalisierung des Raubbaus-wie er in der WTO forsiert wird, nur zu beklagen und zum Anlass zu nehmen, dem Ganzen den Rücken zu kehren, wäre es besser gewesen, Konzepte zu erarbeiten, die auf eine Anpassung des Wellthandelsregimes an die Nachhaltigkeitsziele zielten (an die dann konkret verabschiedeten und an solche, die darüber hinaus für notwendig erachtet werden).

     

    Mit eigenen Konzepten zur Finanzierung der notwendigen Anpassungen des Welthandelsregimes (inklusiver nationaler oder regionaler Strukturplanung) an die Nachhaltigkeitsziele wären sicher auch keine anderen Ergebnisse herausgekommen.

     

    Aber diese Konzepte wären dann wenigstens im Gespräch. Sie wären es übrigens um so mehr desto utopischer sie auf den ersten Blick anmuteten so sie nur hinsichtklich der zu bewältigenden Herausforderungen konsistent wären. Neben einer Finanztransaktionssteuer könnte das zum Beispiel nach Öko-und Sozialstandards abgestufte Nachhaltigkeitszölle auf alle Handelswaren sein. Beides könnte unabhängig von politischen Launen, Moden und nationalen Kräfteverhältnissen den Internationalen Nachhaltigkeitssfond speisten der dann - nunja, ein bisschen Spaß muss sein - den IWF ablöst.

  • Beim Monterrey-Konsesnsus geht es erst einmal um die Mobilisierung einheimischer Finanzressourcen für die Entwicklung, dann um die Mobilisierung internationaler Ressourcen für die Entwicklung: ausländische Direktinvestitionen und anderen privaten Leistungen. Der internationale Handel soll Motor für Entwicklung sein.

    Dann Verstärkung der internationalen finanziellen und technischen Entwicklungszusammenarbeit. Usw. Ich weiss, nicht, was da jetzt nicht funktioniert hat. Ein Drittel der Weltbankhilfe geht fuer Korruption drauf. Ist das gemeint?

  • Pickert! Na also, wie reden sie denn? .....sie haben recht!