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Kommentar TürkeiKurdisch für alle

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Die Quarantäne für die kurdische Sprache in der Türkei bröckelt: Die Ansprache des kurdischen DTP-Chef in seiner Muttersprache war ein Testballon.

F ast zwanzig Jahre hat es gedauert, bis wieder eine kurdische PolitikerIn gewagt hat, im türkischen Parlament in ihrer Muttersprache zu reden. Zwar ist das immer noch verboten und wie damals gegen Leyla Zana ist auch nun wieder eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung eingeleitet worden. Doch während Leyla Zana damals sofort als Propagandistin für die sogenannte Terrororganisation PKK von allen anderen politischen Parteien scharf angegriffen wurde, verweisen diese heute eher entschuldigend darauf, es sei eben laut Gesetz immer noch so, dass im Parlament nur türkisch gesprochen werden dürfe.

taz

Jürgen Gottschlich ist taz-Korrespondent in Istanbul. Er ist einer der Mitbegründer dieser Zeitung, später war er Inlandsredakteur und in den Neunzigerjahren Chefredakteur. Er schreibt regelmäßig für die Debattenseite der taz.

Überhaupt hat sich das gesamte gesellschaftliche und politische Umfeld doch erheblich verändert. Seit Januar hat das staatliche Fernsehen TRT angefangen, auf einem Kanal rund um die Uhr in Kurdisch zu senden. Ministerpräsident Tayyip Erdogan verwendet bei seiner Kampagne im laufenden Wahlkampf bei Auftritten in den kurdischen Gebieten selbst immer wieder einige kurdische Phrasen, weil das beim Publikum gut ankommt. Und einstmals verfemte kurdische Sänger werden heute vom Staatsfernsehen umworben.

Der Vorstoß des Fraktionsvorsitzenden der kurdischen DTP, Ahmet Türk, eine Ansprache an seine Fraktion in Kurdisch zu halten, war deshalb weniger eine politische Provokation als vielmehr ein Testballon, um auszuloten, wo die Gesellschaft in der Debatte um die kurdische Sprache eigentlich genau steht. Zurzeit gibt es keine klare Linie. Im Staatsfernsehen wird Kurdisch gesprochen, aber kurdische Bürgermeister, die an die Einwohner ihres Städtchens eine Mitteilung in Türkisch und Kurdisch versenden, werden immer noch vor Gericht gezerrt.

Die DTP will deshalb jetzt zu Recht für Klarheit sorgen. Dabei wird sie nicht nur von etlichen türkischen Kommentatoren unterstützt - selbst die nationalistische Opposition gibt zu, dass man nicht das eine machen und das Gleiche dann an anderer Stelle verbieten kann. Die Zeit der Quarantäne für die kurdische Sprache in der Türkei geht jedenfalls zu Ende.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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5 Kommentare

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  • D
    Dewran

    Echt interessant mit anzuschauen wie der türkische Staat versucht das kurdische Volk zu befriedigen. Mittels eines Senders versucht man ein Volk, das seit Jahrzenten unterdrückt wird, einem Volk, das das Recht auf Freiheit verweigert wird mit einem Sender, der Teil der gerissenen Staatsstrategie ist die Sympathie des kurdischen Volkes zu gewinnen.

     

    Wenn also ein staatliches Fernsehprogramm in kurdisch sendet und Ministerpräsident Erdogan bei seinen Wahlauftritten in türkisch-Kurdistan kurdische Sätze verwendet, warum darf das kurdische Volk dann nicht kurdisch sprechen?

     

    Wer denkt, dieser Sende sorge für Veränderung und Fortschritt verschließt die Augen. Noch immer werden Menschen in der Türkei politisch vefolgt.

    Trt 6 ist ein Anfang, aber das reicht nicht...

  • Z
    Zeynep

    @ronald

    das ist leider kein guter vergleich, die Kurden leben seit Ewigkeiten in den Gebieten Türkei, Syrien, Irak und Iran. Die in Deutschland lebenden Türken aber sind einmal eigewandert, das ist ein Unterschied. Außerdem leben in Deutschland ca. 2 mio Türken, in der Türkei sind das 20 mio Kurden, d.h. das ist keine Minderheit, die man sich wegdenken kann und auch sollte. Deutschand hat keine sogenannte "Türkenfrage", die Türkei aber eine "Kurdenfrage"!

  • R
    ronald

    Ich frag mich, was der demokratische Musterstaat Deutschland und seine Politiker wohl alles unternehmen würden, wenn eine tuerkischsprachige Minderheitenpartei wagen würde in einer Fraktionssitzung türkisch zu sprechen. Ich bin mir sicher, angefangen von schleichender Islamisierung bis zur Unfähigkeit sich zu integrieren, über türkischen Nationalismus auf deutschem Boden wäre verbal alles dabei, was des deutschen Herz schneller und hoeher schlagen lässt.

  • B
    Bismarck

    Die Reaktion der "Türkin" spricht für sich.

    Derart kindisch und unreif, dass man ihr sofort abkauft, dass sie eine Repräsentantin des Teiles ihres Landes ist, das sich am stärksten gegen die Demokratisierung stemmt.

  • N
    n.n

    "Die DTP will deshalb jetzt zu Recht für Klarheit sorgen. Dabei wird sie nicht nur von etlichen türkischen Kommentatoren unterstützt - selbst die nationalistische Opposition gibt zu, dass man nicht das eine machen und das Gleiche dann an anderer Stelle verbieten kann. Die Zeit der Quarantäne für die kurdische Sprache in der Türkei geht jedenfalls zu Ende."

     

    Tja, zu dieser "brillianten" deutschen Feststellung wie Schlußfolgerung fällt mir als Türkin (an Herrn Göt...lich) nur ein Statement ein:

     

    Gaaack, gack gack gack, gaaack, gack gack gack.