Kommentar Terrorismus-Verdacht: Überwachen und denunzieren

Spitzeltätigkeit entspringt eher dem Niedersachsen-Ethos, als dem Welt-Ethos. Uwe Schünemann muss die Kunde von der denunziatorischen Lehrerin mit Stolz erfüllen.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass verkündetes Welt-Ethos und gelebte Niedertracht einander nicht ausschließen - an der Gesamtschule Garbsen wurde er erbracht. Nein, nein, sicher nicht, weil eine Lehrerin dort eine Klausur mit mangelhaft bewertet, deren Verfasser sich erdreistet, eine andere Meinung als sie zu vertreten. So etwas gehört ja seit jeher zur immanenten Boshaftigkeiten des Schulbetriebs.

Auch nicht, weil besagte Pädagogin da gleich an Terrorismus denkt: Muss sie ja fast. Schließlich ist der junge Mann Muslim - und wer könnte von einer simplen Werte-und-Normen-Lehrerin verlangen, sich gesamtgesellschaftlicher Paranoia zu entziehen? Aber dass sie zum Mittel anonymer Denunziation greift - ist bemerkenswert.

Bloß: Wie kommts? An Hans Küngs Welt-Ethos lässt sich ja viel bemängeln, aber Spitzeltätigkeit begünstigt es eigentlich nicht. Das entspringt eher dem Niedersachsen-Ethos. Dort arbeitet seit Amtsantritt Innenminister Uwe Schünemann (CDU) daran, nachrichtendienstliche Methoden zu popularisieren und überwachungsstaatliche Verhältnisse herzustellen. Ihn muss die Kunde von der denunziatorischen Ethik-Lehrerin mit Stolz erfüllen, besagt sie doch: Das von ihm geschürte Klima des Verdachts breitet sich aus, die Saat geht auf. Und das Schönste: Ausgerechnet bei ausgewiesenen MultiplikatorInnen.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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