Kommentar Tebartz-van Elst: Chance auf Transparenz
Schlechter als Tebartz-van Elst kann ein katholischer Hirte nicht wirken. Bei der Bistumsbesetzung kann die Kirche nun zeigen, wie ernst sie Erneuerung meint.
A lles andere hätte den Skandal nur noch vergrößert: Die faktische Entlassung des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst war nach irdischem Ermessen nur eine Frage der Zeit. Der Bischof hat nicht nur mit fremdem Geld um sich geworfen und die Unwahrheit gesagt, er hat auch seine Untergebenen zu Falschaussagen angestiftet und einen allgemeinen Aufstand im Bistum Limburg ausgelöst. Schlechter kann die Bilanz eines Oberhirten nicht sein. Der Mann war schon lange nicht mehr haltbar.
Dass Papst Franziskus nun aber tatsächlich „das Rücktrittsgesuch angenommen hat“, zeigt, dass in so einem eklatanten Fall selbst die katholische Kirche in Deutschland nicht an ihren Schäfchen vorbeiregieren kann. Zwar haben die konservativen Freunde des „Protz-Bischofs“ in Rom und Deutschland alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Skandal als Medienhetze darzustellen.
Aber der Imageschaden für einen Papst, der eine „arme Kirche“ predigt, der Begegnung mit seinen Gläubigen statt Abgrenzung sucht und der seine Priester vor „Karrierismus“ warnt, wäre bei Tebartz’ Rückkehr nach Limburg zu groß gewesen.
Auf welchem Abschiebeposten er sein Wirken fortsetzt, ist unwichtig. Von großer Bedeutung wird allerdings die Neugestaltung der katholischen Landschaft: Fast ein Drittel der deutschen Bistümer, darunter die wichtigen Standorte Köln, Freiburg und Hamburg, werden demnächst neu besetzt.
Drücken die Konservativen ihre Kandidaten durch oder benennt der Papst eigene Anhänger? Und wie viel Einfluss werden die Gläubigen bei der Wahl ihrer neuen Oberhirten haben? Eine offene Kandidatensuche wäre ein großer Fortschritt gegenüber den üblichen Deals in Hinterzimmern. Die sind nicht nur undemokratisch, sondern spülen auch Kandidaten auf Chefsessel, die da nichts verloren haben. Abschreckendes Beispiel: Franz-Peter Tebartz-van Elst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion