Kommentar Sudan: Und immer wieder Krieg
Der Internationale Gerichtshof hat in einem Schiedsspruch zum Grenzverlauf zwischen Nord- und Südsudan die Ölquellen Khartum zugeordnet. Das wird dem Südsudan nicht gefallen.
D er Schiedsspruch des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag zum Grenzverlauf innerhalb Sudans birgt erhebliches Konfliktpotenzial. Er hat die Fläche der zwischen Nord- und Südsudan gelegenen und sehr ölreichen Region Abyei, über deren mögliche Zugehörigkeit zum Südsudan die Bewohner selbst entscheiden sollen, stark verkleinert.
Damit ist die in Südsudan regierende ehemalige Befreiungsbewegung SPLA vor den Kopf gestoßen und die Regierung des sudanesischen Präsidenten Bashir in Khartum bestätigt. Denn Abyeis Ölquellen, die zu den wichtigsten Sudans gehören, liegen nunmehr außerhalb der strittigen Region in eindeutig nordsudanesischem Gebiet.
Natürlich sagen jetzt alle Parteien, dass sie den Schiedsspruch respektieren. Schließlich haben sie ja selbst Den Haag um eine Entscheidung gebeten. Das heißt aber nicht, dass es keinen neuen Krieg geben kann. Die letzten Kämpfe um Abyei 2008, bei denen die Distrikthauptstadt dem Erdboden gleichgemacht wurde, wurden auch nicht vorher angekündigt.
Die Route zu einer neuen Eskalation ist klar: Vor Ort greifen die verfeindeten und hochgerüsteten Volksgruppen Abyeis zu den Waffen, es gibt Massaker, die Regierung in Khartum muss als "Ordnungsmacht" eingreifen, die SPLA nimmt das nicht hin und interveniert ihrerseits. In den letzten Monaten mehren sich bereits die Signale, dass Hardliner auf beiden Seiten gerne eine neue Kriegsrunde herbeiführen wollen.
Kein Wunder, dass Südsudans UN-Mission UNMIS nun entdeckt hat, dass ihr Mandat Gewaltanwendung nach Kapitel sieben der UN-Charta enthält, und verkündet, sie werde es in Abyei anwenden. Aber UN-Truppen im Sudan haben noch nie etwas bewirkt. Es bleibt nur die Hoffnung, dass sowohl Präsident Bashir in Khartum als auch SPLA-Führer Salva Kiir weise genug sind, die Finger vom Abzug zu nehmen. Zwingen kann sie dazu niemand.
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