Kommentar Suchmaschine Cuil: Lilliput gegen Google
Die Cuil-Macher haben endlich den Datenschutz als Marktlücke entdeckt. Offensiv werben sie damit, dass ihre Suchmaschine keine Nutzerdaten speichert. Endlich.
Es ist eine neue Suchmaschine auf dem Markt. Und schon ein paar Tage nach Erscheinen wird Cuil von allen Seiten angegriffen: unübersichtlich angeordnet, dilettantisches Design, kaum Suchresultate auf Deutsch. Doch das geschmähte Findwerkzeug ist ein Grund zum Jubeln.
Denn die Cuil-Macher haben endlich den Datenschutz als Marktlücke entdeckt. Offensiv werben sie damit, dass ihre Suchmaschine keine Nutzerdaten speichert. Endlich. Bisher musste man sich immer auf die Versprechen von Google oder Yahoo verlassen, dass die mit den riesigen gesammelten Datenbergen schon nichts Böses anstellen würden. Dieses Vertrauens hat sich keine dieser Firmen bislang würdig erwiesen. Google hat beispielsweise sein Angebot zensiert, um in China auf den Markt zu kommen. Yahoo hat sogar Nutzerdaten seiner Mailkunden an die Behörden dieser Diktatur herausgegeben. Umfangreiche Datenberge werden immer die Begehrlichkeiten staatlicher Stellen wecken. Und die haben immer ökonomische und moralische Hebel, um an diese Daten zu kommen. Welches deutsche Unternehmen würde sich beispielsweise einer groß angelegten Suchaktion gegen Kindsvergewaltiger widersetzen? Die Lösung ist daher, die Daten gar nicht erst zu sammeln.
Manche setzen darauf, dass die Nutzer datensammelnden Unternehmen den Rücken kehren. Doch das ist so realitätsfern wie naiv. Das Internetportal StudiVZ etwa hat sich schon mehrere Datenschutzskandale geleistet - ohne nennenswerte Verluste an Mitgliedern. Warum? Weil das Portal gut gemacht ist. Und darin liegt auch die Chance für Cuil. Zwar ist Cuil angesichts der eine Milliarde Dollar, die Google jährlich zur Optimierung seiner Suchmaschine ausgibt, mit seinen 33 Millionen Risikokapital ein Zwerg. Jedoch haben sich hier Ex-Mitarbeiter von Google und namhafter IT-Firmen zusammengetan. Es kann also ein gewisses Know How erwartet werden. Insofern könnte die Mischung aus guter Idee, dem Willen, damit Geld zu verdienen, und einer professionellen Umsetzung, den Lilliput durchaus zu einer ernsthaften Konkurrenz für den Riesen Google machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ökonom zu Habecks Sozialabgaben-Vorstoß
„Die Idee scheint mir ziemlich unausgegoren“
Grünen-Pläne zur Krankenversicherung
Ohne Schutzschild aus der Deckung
„Campact“ startet Anti-CDU-Kampagne
Kein Kreuz für Merz
Abstoßender Wahlkampf der Rechten
Flugticket-Aktion sorgt für neue Forderungen nach AfD-Verbot
Hoffnungsträger Wasserstoff
Wünsch-dir-was reicht lange nicht
Rechte Parteien und Klimapolitik
Europas Rechte gegen das Klima