Kommentar Streusalz: Schleichen statt Streuen
Kaum ist es Winter, geht das Geheul schon wieder los: Wir haben zu wenig Streusalz. Dabei hat sich seit den 70ern doch herumgesprochen, dass Salz pures Bodengift ist.
K aum sind mal zwei Wochen Winter, geht das Geheul schon wieder los: Wir haben viel zu wenig Streusalz! Streusalz? Hallo? Klingt irgendwie nach den 70er Jahren, als es für jede Lebenslage eine Chemikalie zu geben schien, mit der man bedenkenlos Abhilfe schaffen konnte.
Seitdem hat sich herumgesprochen, dass Salz pures Bodengift ist. Privatleute dürfen das ätzende Zeug gar nicht mehr verwenden, die Räumdienste sind zu sparsamem Einsatz angehalten. Die Realität sieht anders aus: Auch die hinterletzte Seitenstraße wird abgetaut, Hamburg meldet: Streusalz ausverkauft! Wieso ist das Zeug überhaupt im Handel, wenn Privatleute es nicht benutzen dürfen? Kontrolliert das irgendwer?
Den Vogel abgeschossen hat Niedersachsen: Wegen der "sehr seltenen Witterungssituation" gibt Hannover das Streuen frei. Sprich: Salz ist verboten, so lange es keinen Winter gibt. Das Umweltministerium des notorischen Hans-Heinrich Sander (FDP) belegt einmal mehr seine Überflüssigkeit, wenn es verbreitet, Salzstreuen sei ökologisch unbedenklich.
Vielleicht hilft ein Blick nach Finnland oder Österreich, die im Umgang mit dem Winter eine gewisse Erfahrung vorweisen können: Dort werden viele Straßen gar nicht mehr enteist. Studien zeigen: Autofahrer fahren auf einer Schneedecke sicherer. Weil sie Respekt vor dem Weiß haben - und intuitiv langsamer fahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin