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Kommentar SteuersenkungFatales Signal an Europa

Kommentar von Gordon Repinski

Seit dieser Woche wäre eine Steuersenkung nicht nur innenpolitisch falsch. Sie wäre auch das falsche Signal an einen Kontinenten am Abgrund.

D ie gute Nachricht zuerst: Steuersenkungen wird es mit dieser Bundesregierung nicht geben. Gewiefte Kommunikationsleute zwischen Kanzleramt und den Ministerien haben entsprechende Pläne kürzlich einfach umgetauft: in "Beseitigung von Steuerungerechtigkeiten". Selbst die FDP merkt: Politisch ist mit weniger Steuern nichts zu gewinnen.

Wer nun glaubt, dass mit der semantischen Korrektur auch das Thema vom Tisch ist, irrt. Am Sonntag entscheidet die Koalition über die Milliarden, die durch die Steuerschätzung in den Bundeshaushalt gespült wurden. Und die geben den Liberalen Aufwind: Sie klammern sich an jede Entlastung, sei es durch Steuersenkung oder Kürzung des Solidarzuschlags. Was Wunder: Profitieren würde vor allem deren Klientel, die Gutverdiener.

Dennoch ist die Einigung in dieser Woche unsicherer denn je geworden. Denn in der Koalition gibt es Vorbehalte gegen alle Varianten. Es ist Finanzminister Wolfgang Schäuble zuzutrauen, die Pläne in letzter Sekunde noch zu kippen. Denn er wollte sie nie. Seine Zusage war nur ein Willkommensgeschenk an den neuen FDP-Chef Philipp Rösler.

taz

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Schäuble ist einer der letzten überzeugten Europäer der Bundesregierung. Er war schon Bundesminister, da war Deutschland noch geteilt und Europa noch eine gemeinsame Vision. Jetzt muss er beobachten, wie sich die Krise in Europa verschärft. Griechenland kämpft um die Existenz, die Bürgerinnen und Bürger des Landes müssen schwere soziale Einschnitte tragen. Der Druck dazu kommt auch von der deutschen Regierung.

Schäuble weiß: Seit dieser Woche wäre eine Steuersenkung nicht nur innenpolitisch falsch. Sondern auch ein fatales Signal an einen Kontinent, der am Abgrund steht. Da könnten auch die cleversten Kommunikationsfachleute nichts mehr retten.

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5 Kommentare

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  • A
    andreas

    Ich kann mir nur die Augen reiben!!!

    Seit einer gefühlten Ewigkeit haben die allermeißten Arbeitnehmer in diesem Land Einkommensverluste hinnehmen müssen und jetzt kommt die TAZ und gönnt uns nicht die ~15€ mehr im Monat ?!

    Steht die TAZ neuderdings auf Seiten der Neoliberalen aller SPD und Grünen ?

  • RD
    Roter Drache

    Die Steuereinnahmen sprudeln dieses Jahr besonders gut. Warum also nicht die Bevölkerung und dabei die niedrigen und mittleren Einkommensschichten entlasten? Ist es dem Kommentator lieber der Staat nimmt das Geld, um wieder irgendwelche fragwürdigen Förderungs-und Subventionsprogramme aufzulegen? Deutschland hat seit der Euroeinführung die geringsten Lohnzuwächse aller Euro-Staaten. Netto, also inflationsberücksichtigt, haben die Arbeitnehmer sogar ein Einkommensschwund hinnehmen müssen. Auf welcher Seite steht ihr denn eigentlich?

  • I
    ilmtalkelly

    "Sondern auch ein fatales Signal an einen Kontinent, der am Abgrund steht."

    Ungebremstes Wirtschaftswachstum wird Europa den tieferen Abgrund bescheren.Ich würde es besser Krise nennen, denn der prophezeite Abgrund könnte sich auch als Chance für ein Umdenken zu mehr sozialer, konsumminimierter und ökologischer Lebebnsweise herausstellen.

    Machtmotivierte Politiker wie Schäuble hängen am Zentralismus, weil nur der die Macht auf einzelne Politiker und Wirtschaftgiganten konzentrieren kann. Das hat wenig mit einer idealistisch geprägten Europavision zu tun.

  • M
    Marina

    Soll das ernsthaft ein Kommentar zum Thema "Steuern" sein? Das ist ja oberpeinlich, wie staatsgläubig die taz ist - und ich finde es auch eklig, dass die taz offenbar auch den Kleinverdienern immer mehr Steuern und Sozialabgaben auferlegen will. Das mag alles sein - gerecht ist es nicht und links schon gar nicht. Ich will hier nicht rumheulen, dass sich die taz langsam zum Sprachrohr des Großkapitals entwickelt, aber seltsam sind diese redaktionellen Kapriolen schon.

     

    In der aktuellen Verfassung ist die taz als Tageszeitung nicht brauchbar.

  • V
    vic

    Steuer- nein Abgabenerhöhung ist angesagt.

     

    Bei denen die seit Jahrzehnten von jeder finanziellen Unbill verschont blieben oder vom System profitierten: Die obersten Zehntausend (grob geschätzt).

    Aber ach- jeglicher politischer Einfluss ist längst verkauft.