Kommentar Steueroase Europa: Ein Sieg der Erbsenzähler
Eine gemeinsame Mindeststeuer muss her! Nur so entsteht ein Sog der Aufrichtigkeit, dem sich auf Dauer kaum jemand entziehen kann.
S o ein Debakel wie Suzuki in den USA wird Starbucks oder Apple in Europa vorerst nicht passieren. Nach drei Jahrzehnten gaben die Japaner am Dienstag bekannt, ihr Autogeschäft in den Vereinigten Staaten aufgeben zu müssen. Ursache sind nicht nur die miserablen Verkaufszahlen. Wie global Konzerne agieren, dafür sind stets auch lokale Steuergesetze zuständig – und ihre Auslegung durch ausgebuffte Steuerberater.
Was solche Erbsenzähler herausholen können, zeigt sich derzeit in Europa. Der Kaffeeplörremulti Starbucks hat zwar inzwischen den halben Kontinent mit Filialen überzogen, aber hier nie Ertragssteuern gezahlt. Der Computerkonzern Apple zahlt einen Steuersatz von zarten 1,9 Prozent auf seine gesamten Auslandsgewinne in Höhe von fast 30 Milliarden Euro. Google, Facebook, Ebay, allesamt die derzeit erfolgreichsten Firmen der Welt, sahnen ähnlich ab.
Viele deutsche Mittelständler drückt im Schnitt eine zehn Mal so hohe Steuerlast. Das ist schreiend ungerecht, auch wenn die Konzerne Jobs nach Europa bringen. Man kann über ihre Tricks schimpfen. Aber: Sie sind meistens völlig legal.
Deutschland und Großbritannien versuchen nun erneut, die Schlupflochsucher ranzunehmen. Wie die Kassenwarte Wolfgang Schäuble und George Osborne vorgehen, lässt allerdings darauf schließen, dass sie das Geld gar nicht wollen. Wer vorgibt, Steuerschlupflöcher im Rahmen der G 20 schließen zu wollen, denkt nicht in Legislaturperioden, sondern in Generationen. Lösung: Die Willigen müssen eine gemeinsame Mindeststeuer einführen, selbst wenn Steueroasen wie Irland zunächst nicht mitziehen. So entsteht ein Sog der Aufrichtigkeit, dem sich auf Dauer kaum jemand entziehen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“