Kommentar Steinbrück und Thyssen: Der Fehler liegt im System
Das eigentliche Problem ist nicht Steinbrücks Einsatz für Thyssen-Krupp. Der Skandal sind Politiker in Aufsichtsräten.
I st das der nächste große Steinbrück-Skandal? Als gut bezahlter Aufsichtsrat bei Thyssen-Krupp hat er dem Unternehmen versprochen, sich für niedrigere Strompreise einzusetzen – und das dann auch getan. Die CDU spricht von Lobbyismus und Interessenkonflikten, ein Hauch von Korruption liegt über dem SPD-Kanzlerkandidaten.
Tatsächlich zeigt der Vorgang ein Problem. Aber das liegt nicht zuerst bei Peer Steinbrück, sondern im fragwürdigen Brauch, Politikern überhaupt hoch dotierte Aufsichtsratsposten anzubieten. Es kann doch niemand ernsthaft annehmen, dass Thyssen-Krupp Steinbrück 60.000 Euro im Jahr bezahlt, damit er an drei bis fünf Sitzungen teilnimmt, zu denen er inhaltlich nur wenig beitragen kann.
Unternehmen sichern sich auf diese Weise die Nähe von Politikern – und das geschieht natürlich mit dem Ziel, deren Entscheidungen im Sinne des Unternehmens zu beeinflussen. Dass Peer Steinbrück sich die Probleme anhört (die angeblichen wohlgemerkt, denn tatsächlich sind die Strompreise der energieintensiven Industrie gesunken) und seine Mitwirkung an einer Lösung verspricht, ist im Rahmen dieses Systems nur konsequent. Das tun Politiker praktisch bei jeder Gelegenheit.
ist Redakteur für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er twittert unter @MKreutzfeldt.
Das eigentliche Problem ist aber, dass Steinbrück als aktiver Politiker überhaupt im Aufsichtsrat eines Unternehmens gesessen hat. Doch das tun auch viele andere Parlamentarier – gerade auch von Union und FDP. Wer die daraus zwangsläufig entstehenden Interessenkonflikte verhindern will, muss Politikern die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten und – meist speziell zum Zweck der politischen Kontaktpflege geschaffenen – „Beiräten“ schlicht verbieten. Aber vor dieser Forderung schreckt die politische Konkurrenz aus naheliegenden Gründen zurück.
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