Kommentar Stammzellen: Wir waren gewarnt
Patente auf Stammzellen, wie der Forscher Oliver Brüstle sie anfordert, sind umstritten. Denn das wäre ein Einstieg in die Kommerzialisierung von menschlichen Embryonen.
D er Bonner Stammzellpionier Oliver Brüstle bewegt sich bei seinen Forschungen mit menschlichen Stammzelllinien im Rahmen des Gesetzes. Trotzdem sollte Brüstle kein Patent auf Erfindungen bekommen, für die ursprünglich einmal Embryonen getötet worden sind - auch wenn er selbst nichts mit der Vernichtung dieser Embryonen zu tun hatte.
Wolfgang Löhr ist Wissenschaftsredakteur der taz.
In Deutschland ist nach dem Embryonenschutzgesetz die "verbrauchende Embryonenforschung" eindeutig verboten. Es sollte daher auch klar sein, dass Erfindungen nicht patentiert werden dürfen, für die Embryonen - im Ausland und nach den dortigen Gesetzen legal - vernichtet worden sind. Das Bundespatentgericht, das vor drei Jahren schon das Brüstle-Patent in Teilen einschränkte, weil es gegen die "öffentliche Ordnung" und "guten Sitten" verstoße, hatte insofern richtig entschieden.
Auch ist Brüstles Argumentation brüchig, wenn er ausführt, das Gesetz erlaube ihm schließlich, mit importierten menschlichen Stammzelllinien zu forschen - wieso sollten dann die damit gewonnen Erkenntnisse nicht patentfähig sein?
Hier vergisst Brüstle, dass das Bundespatentgericht nicht seine Forschung verboten hat, sondern die kommerzielle Nutzung seiner aus den menschlichen Stammzelllinien gewonnen Nervenzellen. Ein Patentschutz setzt per gesetzlicher Definition voraus, dass die "Erfindung" kommerziell verwertbar ist. Sollten Brüstles Nervenzellen unter Patentschutz und damit zur Handelsware werden, wäre das der endgültige Einstieg in die Kommerzialisierung von menschlichen Embryonen.
Vor dieser Entwicklung wurde aber schon gewarnt, als der Bundestag den Import der embryonalen Zelllinien zuließ.
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