Kommentar Staatsversagen: Zart ermutigendes Zeichen
Die von allen Parteien im Bundestag verabschiedete Resolution ist ein Anfang. Wenn jetzt bei den Sicherheitsbehörden auch noch Konsequenzen folgen, stimmt die Richtung.
G erade beginnt die deutsche Öffentlichkeit zu begreifen, dass ganz Europa nach Berlin schaut, weil nur von hier aus der Euro und damit die Gemeinschaft gerettet werden können. Doch angesichts des Ausmaßes und des Umgangs mit dem neonazistischen Terror dürften nicht nur den Deutschen Zweifel kommen an der Eignung der Bundesrepublik als Leitbild des Kontinents.
Zeigen die Verbrechen doch ein Land, das immer Zeit und Geld hat für Sonntagsreden, für Denkmäler und Symposien, das aber seine ganz realen Bürger nicht vor eliminatorisch-rassistischen Mördern schützen kann.
Das schreckliche Versagen von Politik, Polizei und Diensten erinnert fatal an die Spiele von München 1972, als sich der westliche Teil des ehemaligen Nazistaates als harmlos-fröhliches Land präsentieren wollte, um dann dem Terror gegen das israelische Olympiateam nur mit heilloser Unprofessionalität begegnen zu können.
Vor diesem Hintergrund ist die gestrige Resolution des Bundestages ein zart ermutigendes Zeichen - und nicht nur, weil die Unionsparteien über ihren Schatten gesprungen sind und sie zusammen mit der Linkspartei verabschiedet haben. Wer meint, den Kampf gegen rechts ohne die Linken führen zu können, indem man sie mittels eines kruden Totalitarismusbegriffs auszuschließen sucht, ist entweder ideologisch verbohrt oder schlicht ahnungslos.
ist Meinungs- und tazzwei-Redakteur der taz.
Die Allparteien-Resolution trifft den richtigen Ton. Sie klingt erwachsen. Die Taten werden nicht verharmlost. Man steht ein für ein Land, "in dem alle ohne Angst verschieden sein können". Kein Innenminister verkündet - wie 1992 Rudolf Seiters nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen -, nun müsse der Staat handeln: nicht gegen die Nazis, sondern gegen den "unkontrollierbaren Zustrom" von Asylbewerbern. Stattdessen ist die Rede von "unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden".
Es wird spannend sein zu sehen, ob den Worten auch Taten folgen - etwa beim nächsten Polizeieinsatz gegen friedlich sich den Rechten entgegenstellende Bürgerinnen und Bürger.
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