Kommentar Staatssekretär für Wohnen: Kein Holm, aber ein Profi
Das war es mit der engen Verbindung von Politik und stadtpolitischen Initiativen. Mit Sebastian Scheel folgt ein Berufspolitiker. Keine schlechte Wahl.
M it der Berufung des Linken-Politikers Sebastian Scheel zum Staatssekretär für Wohnen ist wieder Ordnung eingekehrt in den Berliner Senat. Jetzt ist Politik wieder Politik, Bewegung wieder Bewegung. Die Episode um den Aktivisten Andrej Holm, der im Namen der Basisengagierten den professionellen Verwaltungs- und Politikbetrieb aufmischen wollte, erscheint schon nur noch als verblassender Traum.
An seine Stelle rückt mit Scheel ein Politprofi. PDS-Eintritt mit 19, Leipziger Stadtratsmitglied mit 24, fünf Jahre später, 2004, erstmals Einzug in den Sächsischen Landtag, dem er bis heute angehört, zuletzt als Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion. Die geradlinige Karriere eines Berufspolitikers. Dass er sich bisher vor allem um Finanz- und nicht um Mietenpolitik kümmerte, gehört dann auch in diese Sphäre, in der insbesondere SPD-Minister ihre Ämter wie Unterhosen tauschen.
Man muss den Wechsel von Holm zu Scheel, der mehr ist als eine normale Personalrochade, nicht gutheißen. Es bleibt schade um die verpasste, wohl einmalige Chance einer besonderen Verbindung vom höchsten politischen Beamten mit den stadtpolitischen Initiativen. Und dennoch: Die Linke und ihre Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher machen mit Scheel nichts falsch. Sie hatten nur noch einen Schuss. Einen weiteren Fehler durften sie sich nicht leisten.
Scheels Skandalpotenzial dürfte bei null liegen, stattdessen gilt er als schlauer Kopf, der sich auch in schwierige Materie intensiv und schnell einarbeiten kann. Die politischen Leitplanken sind mit dem Koalitionsvertrag gesetzt, Lompscher selbst weiß ganz genau, wo sie mit der Stadtpolitik hinwill, Holm berät weiterhin im Hintergrund.
Was es also braucht, ist ein loyaler, durchsetzungsstarker Profi, der insbesondere gegenüber den Wohnungsbaugesellschaften die neue Politik durchsetzt. Das kann Scheel gelingen. Will er aber mehr sein als ein solider Staatssekretär, kann er sich die Nummern der Stadtinitiativen ja von Holm holen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag