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Kommentar Sozialtarife bei Strom und GasBitte pragmatisch bleiben

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Der Sozialtarif ist Populismus in Reinform. Den Privatanbietern auf dem Strommarkt kann man keine Tarifvorgaben mehr machen. Besser der Staat erhebt Energiesteuern mit Ökobonus

Bild: taz

Bernward Janzing ist studierter Geowissenschaftler und arbeitet als freier Journalist in Freiburg. Der Klimawandel und die effiziente - und kostensparende - Nutzung von Energie zählen seit Jahren zu den Schwerpunkten seiner Arbeit.

Für Politiker und Verbände sind die steigenden Energiepreise eine schöne Gelegenheit, mal wieder in die Medien zu kommen. Sozialtarife bei Strom und Gas und als Nächstes womöglich auch an der Tankstelle - das klingt gut, weil es den Eindruck erweckt, hier habe einer die Sorgen der einfachen Leute begriffen. Und vor allem lässt sich das Thema in eine griffige Schlagzeile verpacken, die jedermann versteht. Der Sozialtarif ist ein typisches Bild-Zeitungs-Titel-Häppchen.

Anders gesagt: Er ist Populismus in Reinstform - denn das Ansinnen ist systemwidrig. Wir haben liberalisierte Energiemärkte, und die Anbieter sind keine Staatsfirmen mehr, denen man Tarifvorgaben machen kann. Wir haben die freien Energiemärkte gewollt und sollten nun auch dazu stehen, dass sich die Preise im Markt bilden.

Natürlich müssen wir trotzdem dafür Sorge tragen, dass sich auch bei steigenden Energiepreisen jeder in unserem reichen Land eine warme Wohnung und den Strom für den Kühlschrank leisten kann. Nur sollte man dazu Wege wählen, die kompatibel sind mit unserem Energiewirtschaftssystem.

Da gibt es mehrere, die alle vortrefflich funktionieren. Zwei seien genannt. Der Staat könnte die Einnahmen aus dem Verkauf der CO2-Emissionszertifikate in Form erhöhter Transferleistungen an die Bedürftigen ausschütten. Und die zweite Möglichkeit ist noch eleganter: Der Staat entlastet die Kleinverbraucher durch den Ökobonus, den die Grünen diskutieren. Und der funktioniert so: Man erhebt eine Energiesteuer, die am Ende pro Kopf wieder ausgeschüttet wird. Das klingt zwar nach Verteuerung, doch das trügt. Denn weil jeder entsprechend der Höhe seines Energieverbrauchs einzahlt, im Gegenzug aber eine Ausschüttung erhält, die für alle gleich ist, profitieren all jene, der weniger Energie verbrauchen als der Durchschnittsbürger. Denn sie kriegen schlicht mehr zurück, als sie eingezahlt haben. Diese Variante hat allerdings einen entscheidenden Nachteil: Sie braucht ein paar Sätze der Erklärung und passt daher nicht in die Bild-Schlagzeile. BERNWARD JANZING

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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1 Kommentar

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  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Neues Denken braucht neue Begrifflickeiten - kein Öko-Bonus ohne Öko-Abgaben

     

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    Das Teilhaberecht eines jeden Menschen an den Schätzen der Natur, die diese uns Menschen gratis zur Verfügung stellt, braucht Entgelte bzw. Geld, um zu einer monetären Gleichverteilung in Deutschland und idealerweise weltweit zu gelangen.

     

    Steuern sind ihrer Natur nach nicht zweckgebunden. Deshalb sollte in diesem Zusammenhang nicht von Energiesteuern gesprochen werden.

     

    Um Herrn Janzings Vorschlag zu präzisieren, sollte hier und in Zukunft von Öko-ABGABEN gesprochen werden. Die Abgaben sollte idealerweise an der Quelle erhoben werden.

     

    Das ist keine Begriffsklauberei, sondern dient dazu, um sicherzustellen, dass die Einnahmen aus dem Öko-Abgaben zweckgebunden verwendet werden könnten. Der Zweck der Ökoabgaben ist ein doppelter. Mit ihrer Hilfe sollen die Umweltgüter - ökonomisch - knapp gehalten werden und durch ihre Rückvergütung, als Ökobonus, soll monetär eine gleiche Rückvergütung gewährleistet werden - Stichwort Aquivalenz

     

     

    Ludwig Paul Häußner

    Interfakultatives Institut für Entrepreneurship

    Universität Karlsruhe (TH)

    www.iep.uni-karlsruhe.de