Reaktion auf Energiekostenanstieg: Billigstrom für Arme gefordert

SPD-Politiker und Verbraucherschützer wollen Energie-Sonderpreise für ärmere Verbraucher. Die Grünen möchten lieber Energiesparmaßnahmen fördern und die CSU meint: "DDR-Denke".

Damit auch bei Ärmeren der Strom noch aus der Steckdose kommt, soll's Sozialtarife geben. Bild: dpa

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat angesichts steigender Preise ermäßigte Sozialtarife für bedürftige Strom- und Gaskunden gefordert. Diese Idee hatte er auch schon mal im Januar dieses Jahres verbreitet. Sein Parteikollege Ulrich Kelber sagte, intern arbeite man bereits an Eckpunkten. So sei es etwa denkbar, die ersten 500 Kilowattstunden an die Kunden verbilligt abzugeben.

Unterstützung bekam die SPD am Dienstag auch durch die Verbraucherzentrale NRW, die ebenfalls einen Sondertarif für Stromkunden forderte, der von den örtlichen Grundversorgern "als Pflichttarif für die Stromversorgung privater Haushalte angeboten werden" müsse.

Zurückhaltend reagierten unterdessen die anderen Parteien. Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer sagte, es bringe nichts, "gegen den Markt anzusubventionieren". Vielmehr solle der Staat den Bürgern verstärkt helfen, ihre Häuser zu dämmen und so den Verbrauch zu senken. Widerspruch kam auch von der Union, wobei CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer die deftigsten Worte fand: Die Idee aus der SPD entspringe einem "zutiefst staatsinterventionistischen Denken, das Grundlage von totalitären Staaten wie der DDR war".

Die Verbraucherzentrale betrachtet das Thema jedoch durchaus differenziert. In einer 15-seitigen Studie fordert sie einen "Strom-Spartarif" und regt an, die Bezeichnung "Sozialtarif" zu ersetzen, weil sie die Kunden stigmatisiere. Ohnehin sei es sinnvoll, grundsätzlich allen sparsamen Stromkunden einen Spartarif anzubieten. Damit motiviere man zum verantwortungsbewussten Umgang mit Strom. Zudem erspare man sich den Aufwand auszuwählen, wer den Spartarif nun in Anspruch nehmen darf und wer nicht.

Die Verbraucherzentrale NRW beschränkt sich auf den Strom. Einen Gas-Sozialtarif fordert sie explizit nicht, weil die Rahmenbedingungen hier andere sind: In Mehrfamilienhäusern wird der Gasverbrauch der einzelnen Wohnungen nicht gemessen, sondern der Gesamtverbrauch anteilig umgelegt. Bei solchen Konstruktionen seien Gas-Sozialtarife kaum praktikabel.

Im Stromsektor hält die Verbraucherzentrale den Spartarif jedoch für umsetzbar. Pro Kopf müsse es 250 Kilowattstunden im Jahr kostenlos geben, sagt Peter Blenkers, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Verbraucherzentrale. Die weiteren Kilowattstunden würden dann entsprechend teurer verkauft, so dass sparsame Stromkunden profitieren. Die Verbraucherzentrale hält das für umsetzbar und beruft sich darauf, dass in Belgien armen Kunden die monatliche Grundgebühr erlasen werde.

Ein Haken am Konzept der Verbraucherzentrale: Die quersubventionierten Tarife sollen nur vom örtlichen Grundversorger angeboten werden können, dem früheren Monopolisten vor Ort. Freie Stromhändler, darunter auch die Ökostromanbieter, könnten dann Kleinverbrauchern keine wettbewerbsfähigen Preise mehr anbieten.

Unterdessen hat das Verbraucherportal Verivox darauf hingewiesen, dass sich die Preise für Gas je nach Region in Deutschland um bis zu 54 Prozent unterscheiden können. Diese Differenzen werden sich aber auch bei einer fortschreitenden Marktliberalisierung nicht völlig nivellieren, da die Netzstrukturen je nach Region sehr unterschiedlich sind. Gebiete mit einer geringen Zahl an Gaskunden und überproportional langen Versorgungsleitungen werden immer höhere Gaspreise haben als Regionen, in denen die Unterhaltskosten des Gasnetzes aufgrund von Wohnstruktur und Topografie geringer sind.

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