Kommentar Singapur: Unsouveräne Reaktion
Der britische Journalist und Singapur-Kritiker Alan Shadrake sitzt in Haft wegen eines Buches. Seine einzige Hoffnung ist es, dass sein Fall sehr viel Aufmerksamkeit bekommt.
D er britische Journalist Alan Shadrake wusste, worauf er sich einließ, als er nach Singapur reiste, um dort sein neuestes Buch über die zweifelhafte Praxis der Todesstrafe in dem südostasiatischen Stadtstaat vorzustellen. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass ein Kritiker der Regierung und Justiz drakonisch belangt wird, weil er einen wunden Punkt getroffen hat. Warum sonst sollten die Machthaber so überzogen reagieren?
Bei dem 75-jährigen Shadrake begnügte sich Singapurs Justiz bisher jedoch nicht mit einem Ausreiseverbot und dem Versuch, ihn mittels exorbitanter Geldstrafe bankrott zu klagen und darüber mundtot zu machen. Dabei war sie mit dieser Praxis bei großen internationale Verlagshäusern erfolgreich. Stattdessen wurde Shadrake erst einmal festgenommen für ein unterstelltes Vergehen, dass in einer Demokratie und einem Rechtsstaat, wofür sich Singapur gern ausgibt, nie so bestraft würde.
Singapur geriert sich gern als erfolgreich aufgestiegener asiatischer Musterstaat und verweist dabei ebenso gerne auf seine Souveränität. Das Verhalten der Verantwortlichen dort ist jedoch alles andere als souverän. Genau dieser unsouveräne Umgang mit Kritik ist Shadrakes einzige Hoffnung: Dass sein Fall letztlich so viel Aufmerksamkeit erregt, dass diese Art des Umgangs den Verantwortlichen teuer zu stehen kommt und sie ihre Methoden ändern müssen.
So weit ist es leider noch nicht. Im Gegenteil: Viel zu oft kommt die Regierung mit ihren Zensurtechniken durch, denn die Bevölkerung und die mithilfe von regionalen Hauptquartieren in der Stadt vertretenen internationalen Konzerne neigen dazu, deren intolerante und bevormundende Art zu tolerieren. Immerhin sei die Regierungsführung unbestechlich und sorge für wirtschaftlichen Erfolg. Armes reiches Singapur.
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