Kommentar Silvester-Böllerei: Ohne Böller geht die Welt nicht unter
Ein Silvesterabend ohne Krawumm: Noch ist das für die meisten gänzlich unvorstellbar. Unmöglich wäre es nicht.
S ilvester wird dieses Jahr wieder granatengeil. Sie haben sich sicher auch schon eingedeckt. Nein? Besorgen Sie doch schnell noch ein paar Komplettfeuerwerke. Wie wärs mit dem Kaliber-55-Mörserabschuss "Little Big Bang" oder der 15-Schuss-Fontänen- und Bombettenbatterie "Devils Cake"? Zu lasch? Dann sollten Sie über den Kauf der 36-Schuss-XXL-Hellfire-Effekt-Batterie "Resident Evil" nachdenken. Das fetzt!
Ja, schon gut. Knallen Sie, wenns Ihnen Spaß macht. Aber lassen Sie sich vorher mal kurz auf ein Gedankenexperiment ein: Was, wenn Raketen, Böller und Kanonenschläge plötzlich aus den Läden verschwänden? Wenn die private Lizenz zum Knallen ausliefe? Was passierte dann? Volksaufstand? Regierungskrisen? Schlimmeres?
Vielleicht auch nicht. Der Autor dieser Zeilen hat einige Zeit in einem südamerikanischen Land verbracht, wo der Verkauf von Feuerwerkskörpern vor ein paar Jahren untersagt wurde, nachdem es immer wieder zu Bränden und Verletzungen gekommen war. Die Knallerei war dort so populär wie hier. Aber die Menschen haben das geschluckt. Mehr noch: Sie scheinen gar nichts zu vermissen. Sie ziehen um Mitternacht ins Zentrum, wo tolle Profifeuerwerke abgebrannt werden, und investieren die gesparten Pesos in Schampus oder was Feines für auf den Grill. Spaß haben sie allemal.
Gefährlich und teuer
Es geht ja gar nicht darum, den knöchernen Zeigefinger protestantischer Lustfeindlichkeit zu erheben. Pyrotechnik ist nicht moralisch verwerflich. Aber oft genug verdammt gefährlich. Von den Kosten für Feuerwehr, Polizei und Straßenreinigung mal ganz zu schweigen.
Ein Silvesterabend ohne Krawumm: Noch ist das für die meisten gänzlich unvorstellbar. Unmöglich wäre es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen