Kommentar Sicherheitspläne der Union: Schmirgeltaktik

CDU und CSU wissen sehr gut, dass die eigenen Ideen beim Wähler und auch bei möglichen Koalitionspartnern nicht durchsetzbar sind. Noch. Denn die Union setzt auf den Schmirgeleffekt.

Sie haben es wieder getan. CDU und CSU haben neue Vorschläge zur Sicherheitspolitik gemacht und ernten abermals Aufregung und Widerspruch. Opposition und Koalitionspartner dreschen auf die Union ein. Ein Ergebnis wird der Krawall um einen Nationalen Sicherheitsrat dabei erst mal nicht haben, weil die Konservativen mit ihren Vorschlägen allein dastehen. Doch das ist wohl einkalkuliert.

Bei CDU und CSU weiß man sehr gut, dass die eigenen Ideen sowohl beim Wähler als auch bei möglichen Koalitionspartnern nicht durchsetzbar sind. Noch. Denn die Union setzt auf den Schmirgeleffekt. In immer neuen Vorstößen, Strategiepapieren und Hintergrundgesprächen behaupten Wolfgang Schäuble und seine Parteifreunde, dass die bisherigen Sicherheitsbehörden mit ihrer Arbeit überfordert wären, es keine Grenze zwischen innerer und äußerer Sicherheit mehr gäbe und es deswegen neue Gesetze, mehr Überwachung oder den Einsatz der Bundeswehr im Inneren brauchte. Wie Sandpapier schmirgeln diese Behauptungen über Widerstände und Zweifel. Irgendwann mögen dem ein oder anderen die Vorschläge der Union doch nicht mehr so absurd erscheinen. Oder die Öffentlichkeit wendet sich ermüdet ab. Bei allgemeinem Desinteresse lassen sich zweifelhafte Gesetze noch immer am besten forcieren.

Dabei geht eine Frage in der oft lauten Diskussion vollkommen unter: Nutzt es? Das war bei der Onlinedurchsuchung, beim biometrischen Pass und bei der Vorratsdatenspeicherung so, und dieses Mal spricht nichts dafür, dass es anders läuft. Es gibt bisher nur die Behauptung, die Grenzen zwischen den Sicherheitsorganen müssten noch durchlässiger werden, als sie bisher schon sind. Aber wo sind die Begründungen, die wissenschaftlichen Gutachten, die diese Behauptung stützen? Zwei Jahre hat die Union angeblich an ihrem Papier gearbeitet. Eine Expertise über die Arbeit des amerikanischen Sicherheitsrats oder ähnlicher Gremien in anderen Staaten ist dabei nicht herausgesprungen. Wollte die Union den Anstoß zu einer ernsthaften Sicherheitsdiskussion geben, müsste sie das Terrain der Behauptung verlassen und anfangen, ihren eigenen Standpunkt zu belegen.

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Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.

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