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Kommentar Sexuelle SelbstbestimmungDie eine geteilte Welt

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Es ist zu begrüßen, dass die UN sich für die sexuelle Selbstbestimmung von Homosexuellen ausspricht. Doch leider verweigert eine Mehrheit die Unterschrift unter der Deklaration.

D iese Erklärung der Vereinten Nationen wird in die Geschichte eingehen: 66 Mitgliedsstaaten haben ein Dokument unterzeichnet, das sich gegen die Verfolgung von Homosexuellen ausspricht. Unter den Ländern, die diese Deklaration unterzeichneten, befinden sich unter anderem alle Teile der Europäischen Union wie auch die aus Jugoslawien hervorgegangenen Staaten, ebenso Kanada, Australien, Neuseeland, Mexiko, Kuba. Es ist das erste Statement, das die höchste diplomatische Organisation der Welt zu diesem Thema verabschiedet hat - ein Bekenntnis zu Menschenrechten auch im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung. Das ist die gute Nachricht.

taz

Jan Feddersen (50) ist Autor und Redakteur in den Ressorts taz.mag und tazzwei.

Die schlechte ist, dass Länder wie Russland, China, die allermeisten muslimischen Staaten, aber auch die USA dieses Dokument nicht mittragen. Aus unterschiedlichen Gründen: Russland wie China akzeptieren Homosexualität nicht, sie gilt als Krankheit, als Anlass zur Repression; in den meisten muslimischen Staaten werden Schwule drakonisch verfolgt. Dass die Türkei die UN-Erklärung nicht signierte, muss in den weiteren Verhandlungen zum Beitritt in die EU erörtert werden. Dass die USA sich der Unterschrift verweigerten, darf als letztes Weihnachtsgeschenk der Bush-Regentschaft an die Adresse der klerikalen Milieus des Landes verstanden werden: Unsere amerikanische Welt soll heterofamiliär bleiben.

Nichts als Ausrede war es seitens der US-Delegierten in der UN, zu behaupten, die Deklaration sei für das Rechtsverständnis ihres Landes zu weitgehend - und hätte Klagen gegen das Verbot der Homoehe in einzelnen US-Bundesstaaten begünstigt. Von Barack Obama und seinen Diplomaten muss erwartet werden, dass dieses Land sich der UN-Erklärung in Bälde anschließt: Es wäre eine Ironie der Geschichte, wenn das Geburtsland der modernen Homosexuellenbewegung im Reigen jener Staaten fehlt, in denen Homophobie geächtet wird.

Die UN-Erklärung ist ein Erfolg schon deswegen, weil sie in diplomatischen Händeln in vielen Jahren errungen wurde. Sie verkörpert den sich als modern verstehenden Teil der Welt; der Rest gibt sich entrüstet - doch diese Verweigerung wird sich auf die Dauer nicht halten lassen.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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