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Kommentar Segeberger KellerkindUnerträgliches Verhalten

Kommentar von Frank Berno Timm

Jugendämter sollen Kinder vor unfähigen Eltern schützen. Doch diese Hilfe hat versagt, wenn es statt Zuwendung und Kompetenz Misswirtschaft und Schlamperei gibt.

E igentlich war die Zuständigkeit für den Jungen, der im Segeberger Keller gefunden wurde, seit September 2010 klar: Das Jugendamt übt die wesentlichen Teile des Sorgerechts aus, hatte ein Gericht entschieden. Doch die Behörde hat nicht von sich aus auf ihre eigene Zuständigkeit und besondere Verantwortung in diesem Fall hingewiesen. Stattdessen hat sie betont, dass keine gesundheitlichen Folgeschäden zu verzeichnen gewesen sein. Das ist instinktlos und lässt Zweifel daran aufkommen, wie ernst die Behörde den gerichtlichen Auftrag genommen hat.

Dass Elternsein nicht immer einfach ist, weiß, wer selbst Kinder hat, nur allzu gut. Gewiss gibt es Verfehlen, Versagen und Straftaten auch unter Erziehungsberechtigten. Deswegen sollen ja Jugendämter einschreiten, im Zweifel helfen und schützen – vor unfähigen Eltern.

Doch diese Hilfe hat versagt, wenn es statt Zuwendung und Kompetenz Misswirtschaft und Schlamperei bei den Jugendämtern gibt. Kinder müssen auch davor mit allen Mitteln geschützt werden.

Dazu bedarf es in Bad Segeberg der Aufklärung. Die Wahrheit muss auf den Tisch. Lassen sich Verantwortliche benennen, müssen sie juristisch, im Zweifel auch dienstrechtlich, belangt werden. Dazu passt nicht, dass die verantworltiche Behörde stolz behauptet, keinen Fehler gemacht zu haben – und wichtige Fakten verschweigt. Ein solches Verhalten ist unerträglich.

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3 Kommentare

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  • A
    Aufreger

    Ich könnte mich darüber aufregen, dass JETZT wieder versucht wird, den Jugendämtern die Schuld in die Schuhe zu schieben! Nee, nee, so einfach nicht liebe Politiker! Die Leute dort machen einen harten Job und tun alles, was in deren Macht steht. Erstens haben sie aber auch Vorgaben, zweitens sind die Leute keine Hellseher und auch nicht Gott!

    Steckt mehr Geld in Fortbildungen und in mehr PERSONAL anstatt euch jetzt die Mäuler darüber zu zerreißen, dass sie die Schuldigen sind.

    Arbeitet doch ein Jahr mal in dem Sektor, dann können wir weiterreden!

     

    Man könnte echt nur den Kopf schütteln über Leute, die sich über alles auslassen von dem sie KEINERLEI Ahnung haben, wie es in der Praxis aussieht. Und nein, ich arbeite NICHT beim Jugendamt, habe aber scheinbar einen etwas reflektierteren und realistischeren Blick....

  • P
    Petergoge

    toll geronimo, ein satz und alles in bausch und bogen gehauen.

     

    natürlich sollen jugendämter die kinder vor gewalt der eltern schützen. natürlich erlernen sozialpädagogen methoden, mit denen sie den hilfebedarf in den familien ermitteln, natürlich gibt es die unterschiedlichsten möglichkeiten einen bedarf zu ermitteln.

     

    wir haben aber neben alle methoden auch gesetze an die sich jeder, auch jugendämter und beaufragte, zu halten haben. das vornehmliche recht kinder zu erziehen, liegt im rahmen der familie ( nachfrage bei frau schröder erwünscht). wie oft und wie lange sollen helfer in der familie sein? welche verantwortung tragen die eltern? hat das jugendamt das kind in den keller gesperrt? wieviel stunden soll in einer familie betreut werden? wer bezahlt einen 24 stunden dienst? was ist die alternative? zahlen wir steuerzahler nicht gerade wegen misshandlungen in staatlichen heimen?

     

    das war vor lüttringhaus, vor segeberg, vor hamburg, schwerin und allen anderen bösartigen fällen. wann entzieht man elterliche sorge und stellt die förderung von familien ein? was ist mit den familien, die innewohnend sind und mit dem stress und der mangelnden bezahlung nicht mehr klar kommen?

     

    nein, da wird raufgehauen auf die "gutmenschen" die hoffen, dass man immer noch etwas beheben kann, was diese gesellschaft an müll hinterläßt. so ist es halt. jeder braucht jemand, auf dem er noch rumtrampeln kann. es muss noch einen unter mir geben. schönes miteinander, schöne tiefe keller, in die kinder runter gestoßen werden, wenn leute mit schlagworten und polemik auf entsetzliches leiden reagieren, statt sich konstruktiv mit den fällen auseinander zu setzen.

  • G
    Geronimo

    Sozialraumprojektgemurkse, Budgetierung, statt Wächteramt verlüttringhausen zum Co-Familienhelfer ...all das vermute ich mal in Segeberg ... und nicht nur dort.