Kommentar Schwesig und die NPD: Minister sind nicht neutral
Das Urteil scheint banal, ist aber trotzdem wichtig und kommt im richtigen Moment. Die NPD hat zu Recht gegen die Familienministerin verloren.
A uch MinisterInnen dürfen sich an allgemeinpolitischen Debatten beteiligen – wenn sie sich nicht ausdrücklich als Minister, sondern als Parteipolitiker äußern. So hat jetzt das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Anti-NPD-Aufrufs von Familienministerin Schwesig geurteilt. Und weil Minister zwischen ihren Rollen recht frei wechseln können, haben sie nun trotz Neutralitätspflicht recht große Äußerungsfreiheit. Das Urteil kommt im richtigen Moment.
Erst letzte Woche haben die Innenminister von Bund und Ländern massiv vor der islamfeindlichen Hetze der Pegida-Demonstrationen gewarnt. Am Montag bezeichnete Justizminister Heiko Maas diese Kundgebungen als „Schande für Deutschland“. Strikte politische Neutralität sieht anders aus. Aber ein Minister ist eben in der Regel nie ganz neutrales Staatsorgan, sondern meist auch Politiker, der für bestimmte Positionen und für eine bestimmte Partei steht. Auch hierfür ist die Pegida-Diskussion ein gutes Beispiel.
Kaum hatte Justizminister Maas über Pegida hergezogen, kam heftiger Widerspruch von der CSU: Maas verunglimpfe friedliche Demonstranten. Offensichtlich sprach Maas weniger für die Regierung als für deren sozialdemokratischen Teil. In den Augen der Bevölkerung kommt das Karlsruher Urteil deshalb sicher nicht überraschend. Dass Minister keine Neutren sind, war immer klar. Eine strikte Neutralitätspflicht für Minister hätte man wohl eher als etwas weltfremd angesehen.
Schwerer zu verstehen war dagegen das Urteil zur Äußerungsfreiheit des Bundespräsidenten vor einigen Monaten. Gerade wenn man erwartet, dass dieser als Staatsoberhaupt über den Parteien steht, könnte von ihm mehr Neutralität erwartet werden als von den parteipolitisch rückgebundenen Ministern.
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