piwik no script img

Kommentar SchulgesetzGut für die Kinderseele

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

So einiges am Gesetzentwurf scheint vernünftig angesichts des verlorenen Volksentscheids.

D as neue Schulgesetz wird in einem erstaunlichen Tempo durchgezogen. Zeit für öffentliche Meinungsbildung ist kaum eingeplant. Das mag dem Druck geschuldet sein, den Alltag an den Schulen schnell wieder neu zu regeln.

Aber es geht auch darum, "Wir wollen lernen"-Sprecher Walter Scheuerl zufrieden zu stellen, damit er keine Wählerinitiative gründet. Die könnte vor allen den Volksparteien CDU und SPD gefährlich werden.

So einiges am Gesetzentwurf scheint vernünftig angesichts des verlorenen Volksentscheids. Eine gute Idee, weil gut für die Kinderseelen, ist die Abschaffung der formalen Schulformempfehlung. Das heißt ja nicht, dass Eltern nicht mehr zu hören bekommen, wenn sich ihr Kind prächtig entwickelt, toll lesen kann oder super rechnet. Es geht umgekehrt darum, dass Kindern im Alter von zehn Jahren die Abwertung erspart wird, nicht "gymnasiumsempfohlen" zu sein. Zumal ja sicher ist, dass diese Empfehlungen oft falsch sind.

Es ist zu hoffen, dass hier jetzt nicht konservative Kreise reflexhaft reagieren und den Erhalt der Empfehlung als Symbol einklagen. Natürlich sind viele Eltern stolz auf die Gymnasial-Empfehlung, es ist eine Bestätigung dafür, dass sie ihr Kind gut begleitet haben. Eltern brauchen Bestätigung. Aber die können sie auch künftig im Lehrergespräch bekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • MN
    Mein Name

    Die Befürchtung, dass Eltern doch die Empfehlung verlangen, ist nicht aus der Luft gegriffen - siehe Scheuerls Bedenken.

     

    Aber das Denken vieler Eltern ist ja noch viel verschrobener und läuft ungefähr so ab: also *mein* Kind hat natürlich eine Gym.Empfehlung, schon seit dem Kindergarten! Im übrigen braucht *mein Kind* aber keine Gym.Empfehlung, weil ich es schon am besten weiß und außerdem selbst auf dem Gym. war - deswegen hab ich für die Erhaltung des Elternwahlrechts gestimmt. Sollten andere Kinder den Zugang zum Gym. verstopfen, so stelle ich für *diese* Kinder die Frage: haben die überhaupt eine Gym.Empfehlung..?? Deren Eltern können so etwas selbstverständlich aufgrund mangelnder Kenntnis, Herkunft etc. NICHT selbst entscheiden (das nenne ich dann anders, meine es aber genau so).

     

     

    Boah, mein Kind ist nun in der 4. Klasse und ich "freue" mich schon jetzt auf das kommende Theater in der 5. und 6. Klasse...

  • H4
    Holger 40

    Welch ein wohltuend sachlicher und unaufgeregter Kommentar!

    Obwohl oder weil ich zu den konservativen Kreisen (i.S. von taz) gehöre, würde ich das Ausüben des Elternwahlrecht nach Klasse 4 vom Bestehen eines Eignungstests/einer Aufnahmeprüfung für die betreffenden Kinder abhängig machen wollen. Nur so könnte m.E. einigermaßen sichergestellt werden, daß nicht nur „reiche“, sondern vor allem begabte Kinder gefördert werden.

    Im übrigen hoffe ich, daß Scheuerl sich nicht dazu überreden läßt, den Wegner, Schill oder Kusch zu geben.