Kommentar Schufa: Legt den Score offen!
Verbraucher haben keinen umfassenden Auskunftsanspruch gegenüber der Schufa, meint der BGH. Das ist fast so schlecht wie das Scoring selbst.
D ie Schufa und andere Auskunfteien setzen ein Verfahren ein, das dringend reformiert gehört: das Scoring. Dabei fließen persönliche Daten wie Geschäftsbeziehungen mit Banken, aber auch Alter, Geschlecht oder Zahl der Umzüge in einen Score zusammen – und die Auskunftei zieht daraus Schlüsse über die Bonität des Kunden.
Welche Werte genau berücksichtigt werden, wie die Gewichtung erfolgt, woran es denn letztlich liegt, wenn das Unternehmen die eigene Bonität unterm Strich eher als mittelmäßig oder ziemlich mies einschätzt – geheim.
Dabei kann sich der Score maßgeblich auf das eigene Leben auswirken. Und das nicht nur bei der Frage ob Handy-Vertrag oder Prepaidkarte, ob Zahlung per Rechnung oder Vorkasse, ob Kredit ja oder nein. Selbst Vermieter wollen heute wissen, wie die Auskunftei den potenziellen Mieter einstuft. Da klingen auch 90 bis 95 Prozent Zahlungswahrscheinlichkeit, die die Schufa als „zufriedenstellendes bis erhöhtes Risiko“ einstuft, auf einmal nicht mehr so gut.
Verbraucherschützer kommen in Tests immer wieder zu dem Schluss, dass die Aussagekraft der Berechnungen bestenfalls mittelmäßig ist. Schublade auf, Verbraucher rein, Schublade zu.
Dazu kommt: Gerade Banken machen es sich häufig zu einfach. Schlechter Score heißt kein Kredit. Der individuelle Blick auf den Kunden, mal durchrechnen, was er eigentlich mit dem Geld machen will, was er so einnimmt und ausgibt, all das würde auch etwas über die Bonität aussagen, kostet aber Zeit und Mühe.
Die Lösung: Transparenz – die natürlich nicht folgenlos bleibt: Ist das Berechnungsverfahren für den Score bekannt, kann der Kunde gegenmanipulieren, etwa einfach ein Konto mehr eröffnen. Oder weniger. Aber vielleicht wäre das gar nicht schlecht. Denn dann würden endlich auch die Auskunfteien selbst erkennen, dass ein Score gar nicht so viel wert ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid