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Kommentar Scheitern des Kioto-ProtokollsEin Fall für die Geschichtsbücher

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Das Klimaschutzabkommen von Kioto starb mehrere Tode. Wer die Schuld daran bei den anderen sucht, ignoriert die Realität. Jetzt braucht es ein neues Abkommen.

W er einen Beweis sucht für ein Leben nach dem Tod, findet ihn im Kioto-Protokoll. Denn das bislang einzige Klimaschutzabkommen der Geschichte war eine Totgeburt, noch toter beim Ausstieg der USA und schließlich mausetot nach dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen.

Man kann die Schuld bei allen Ländern suchen, die an Kioto nie geglaubt haben (wie die USA), es immer torpediert haben (wie die Ölstaaten), es immer als Freibrief für die eigenen Emissionen betrachtet haben (wie China und andere Schwellenländer) oder die immer auf der Suche nach Schlupflöchern waren (wie eigentlich alle).

Diese Sicht der beleidigten Leberwurst ist verständlich, vor allem mit europäischem und deutschem Blick. Aber wer so denkt, ignoriert die Realität. Und das ist auch beim Klimaschutz keine gute Strategie. Seit dem Kioto-Jahr 1997 hat sich die Welt dramatisch verändert: Die Schwellenländer sind Großmächte und Klimasünder ersten Ranges geworden, die Globalisierung hat die Machtbalance der Welt verändert und der ungebremsten Raubwirtschaft mit den Ressourcen freie Fahrt eingeräumt. Gleichzeitig aber haben grüne Technologien einen Aufschwung erfahren, der eine weltweite Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe tatsächlich vorstellbar macht.

Bild: taz

BERNHARD PÖTTER leitet das Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz.

Vor diesem Hintergrund ist das Kioto-Protokoll tatsächlich ein Fall für die Geschichtsbücher. Ein neues Abkommen muss alle großen Verschmutzer einbeziehen, Emissionen drastisch reduzieren, den armen Ländern helfen, im Klimawandel zu überleben, und gleichzeitig den Reichen genug Reichtum lassen, damit sie mitziehen. Ob das dann Kioto II oder anders heißt, ist egal. Wichtig ist, dass hinten nicht mehr rauskommt.

Jedes Klimaabkommen ist eine Wette mit der Zeit. Die aber haben wir beim Klimawandel nicht, weil die Emissionen rapide zunehmen. Das Dramatische ist nicht das Ende eines politischen Konstrukts, das nie wirklich funktioniert hat, sondern dass die Welt wieder ein Jahrzehnt verliert. Was dagegen zu tun ist, zeigen tatsächlich wir Deutschen derzeit der staunenden Welt: den Ausstieg aus nuklearen und fossilen Energieformen und den Weg zur erneuerbaren Vollversorgung. Man sollte also weder das Thema Klima noch die Energiewende abhaken. Im Gegenteil: Der ernsthafte Kampf gegen den Hunger und den Klimawandel in der Welt geht gerade erst los.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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2 Kommentare

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  • Z
    Zweifler

    Dass Kyoto eine Totgeburt war, ist sehr treffend formuliert. Dass Deutschland aus der Atomkraft aussteigen will, stimmt ja auch. Aber dass wir ebenfalls aus der fossilen Energieversorgung aussteigen, ist mir neu. Überall in Deutschland werden neue Kohlekraftwerke gebaut, weil die leichtgläubigen Politiker immer noch davon ausgehen (oder zumindest so tun, als ob), dass die CCS- Technologie irgendwann doch noch großräumig eingesetzt werden kann.

    Verdienen werden vor allem wieder die vier großen Unternehmen, die diese Klimakiller bauen und sich einen Dreck darum scheren, ob das dann wirklich irgendwann funktionieren wird oder auch nicht.

    Deutschland ist führend in Erneuerbaren, aber das reicht vorne und hinten immer noch nicht. Wenn man dann noch den Rest Europas und der westlichen Welt betrachtet betrachtet, wird klar, worauf wir zwangsläufig zusteuern. Böse treffen wird es aber erst einmal andere, die eigentlich nichts dafür können. So lange können wir ja auch weitermachen, wie bisher. Und am besten noch die Grenzen wieder richtig dicht machen. Vorreiter ist Dänemark. Jetzt, wo der Ghaddafi die Flüchtlinge nicht mehr in seinem Land an die Wand für uns stellt.

     

    Prost Mahlzeit

  • BR
    Bleed Ranner

    Um mal einen Spruch von Altkanzler Schmidt abzuwandeln: Wer glaubt, dass der Mensch das Klima beeinflussen kann, sollte zum Arzt gehen.