Kommentar Rüstungsreport der Kirchen: Die Pinguine sind unschuldig
Von Afghanistan bis zur „Arabellion“: Die Friedensinstitute haben fast alles verschlafen. Und auch bei den Rüstungsexporten setzt sich ihre Trägheit fort.
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S age niemand, es werde in Deutschland nicht am Frieden geforscht. Fünf namhafte Friedensforschungsinstitute leistet sich die Republik. Einen Auftritt haben sie alljährlich – so auch am Montag –, wenn die katholische und die evangelische Kirche den friedensinstitutlich erarbeiteten Rüstungsexportbericht vorstellen und den deutschen Waffenexport kommentieren. Die Routine ist, dass der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung ausgewertet wird und die Rüstungsexportzahlen vom Stockholmer Sipri-Institut zitiert werden. Plus Warnung und Mahnung, dass das alles so nicht weitergehe.
Damit haben Friedensforscher wie Kirchenvertreter vollkommen recht. Nur reicht das nicht. Der deutsche Waffenexport hat sich in wenigen Jahren spektakulär umgestellt. Beliefert werden nicht mehr vor allem Nato-Staaten, sondern quasi alle Menschenrechtsverächter in Asien, die so gerade noch als Verbündete im Kampf „gegen den Terror“ oder für eine geopolitische „Stabilität“ durchgehen.
Aus der – ausländischen – Rüstungsexportliteratur weiß man, dass selten ein Geschäft ohne Bestechung zustande kam. Das Interesse der Geschäftsvermittler ist ein wichtiger Treibstoff der Nachfrage. Wozu sollte etwa Südafrika all das deutsche Gerät eigentlich brauchen? Zum Kampf gegen die Pinguine weiter südwärts – oder gegen streikende Bergleute?
Nahezu jede brisante Frage der vergangenen Jahre von Afghanistan bis zur „Arabellion“ haben die Friedensinstitute verschlafen. Auch für die Auseinandersetzung mit Rüstungsexporten gilt: Für einen politischen Kampf braucht es eigene Empirie, eigene Analyse und den Willen, sich unbeliebt zu machen. Friedensforscher müssen die Waffen kennen und nennen, die exportiert werden, die Leute, die sie exportieren, und die Politiker, die diese Interessen bedienen.
Fortgesetzte Trägheit könnte sonst darauf schließen lassen, dass da jemand um seine staatliche Finanzierung bangt.
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