Alternativbericht zu Waffenexporten: Nebensache Menschenrechte

Immer mehr Länder mit kritischer Menschenrechtslage bekommen deutsche Kriegswaffen. Die Zahl solcher Kunden stieg im Jahr 2011 von 48 auf 64.

Wo kommt dieses Rohr her? Bild: thotti / photocase.com

BERLIN dpa/afp | Immer mehr Staaten, in denen die Menschenrechtslage als kritisch bewertet wird, erhalten deutsche Kriegswaffen. Dies geht aus dem Rüstungsexportbericht 2012 der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) hervor, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Wurden 2010 noch 48 als problematisch eingeschätzte Staaten beliefert, so stieg diese Zahl 2011 auf 64 Länder. Zusätzlich bestehe in 9 Empfängerländern eine erhöhte Gefahr, „dass unverhältnismäßig hohe Rüstungsausgaben die menschliche und wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen“, heißt es in dem Bericht. Zu diesen Staaten werden unter anderem Angola, Kamerun, Kasachstan, Mosambik und Nigeria gezählt.

Der kürzlich von der Bundesregierung vorgelegte Rüstungsexportbericht vermittle den Eindruck einer Genehmigungspraxis, „die sich nicht an die eigenen restriktiven Maßstäbe hält und die Einhaltung der Menschenrechte immer wieder anderen Interessen unterordnet“, sagte der katholische GKKE-Vorsitzende Karl Jüsten in Berlin. Die Rüstungsexportgenehmigungen machten mit 42 Prozent in 2011 annähernd die Hälfte aller Ausfuhrgenehmigungen aus. „Aus der Ausnahme scheint eine Regel geworden zu sein.“ 21,2 Prozent der Einzelgenehmigungen seien im Jahr 2011 an Länder gegangen, die staatliche Entwicklungshilfe empfangen.

„Es ist ein gefährlicher Trugschluss zu glauben, dass Lieferungen von Waffen oder Kriegsgerät zur Stabilisierung der Lage in Konfliktregionen beitragen könnten“, sagte der evangelische GKKE-Vorsitzende Bernhard Felmberg mit Blick auf die entsprechende Argumentation des Bundes.

Eine solche Politik greife zu kurz und übersehe Probleme, die von Waffenlieferungen ausgehen können. „Rechtsstaatlichkeit ist eine Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung und Friedenssicherung – mehr als Panzer und andere Kriegswaffen“, sagte Felmberg. „Nichtdemokratische Staaten können Kriegswaffen für interne Repression einsetzen.“ Die Menschenrechtslage in autoritär geführten Staaten sei nur schwer vorhersehbar.

Dem Mitte November vorgelegten Rüstungsexportbericht zufolge erteilte der für die Genehmigungen zuständige Bundessicherheitsrat im vergangenen Jahr Einzelgenehmigungen für Rüstungsausfuhren im Wert von 5,4 Milliarden Euro. Das waren 14 Prozent mehr als 2010. Anders als die Zahl der erteilten Genehmigungen ging der tatsächliche Export von Kriegswaffen 2011 allerdings deutlich zurück. Im vergangenen Jahr wurde Kriegsgerät im Wert von 1,3 Milliarden Euro exportiert, im Vorjahr waren es 2,1 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung war zudem wegen einer Anfrage Saudi-Arabiens zum Kauf mehrerer hundert Radpanzer vom Typ "Boxer" im Bundestag unter Druck geraten, bei Rüstungsgeschäften mehr Transparenz zuzulassen. Mit dem Tag der Menschenrechte wird an die Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen erinnert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.