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Kommentar RettungsschirmSpanien unterm Rettungsschirm

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Wirtschaftlich kann sich Europa Spaniens Pleite nicht leisten. Das Land jetzt allein zu lassen wäre mehr als verwerflich: Schließlich hat Deutschland kräftig mitverdient.

S panien muss unter den Rettungsschirm, allerdings mit Sonderregelungen. Es wird wohl Geld für die Sanierung des angeschlagenen Finanzsektors geben, das Land als solches bleibt souverän und wird sich weiterhin an den Finanzmärkten bedienen.

Auflagen gibt es nur für die Sanierung und die nötigen Reformen des Finanzwesen. Dies ist das Ergebnis eines langen Pokerns seitens Madrids. Berlin hatte sich gegen eine solche Regelung gesträubt. Denn es ist ein Schritt hin zu einer neuen EU-Politik, die näher betrachtet durchaus Vorteile bringt.

Europa kann es sich nicht erlauben, dass die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone den gleichen Weg geht wie Griechenland, Portugal oder Irland. Spanien stellt 12 Prozent der Wirtschaftsleistung innerhalb der Eurozone, der Finanzbedarf, den Madrid in den kommenden Jahren haben wird, um den Haushalt zu sanieren, ist für Europa nicht bezahlbar. Was der Bevölkerung jetzt schon zugemutet wird, grenzt an das Unerträgliche.

Bild: taz
REINER WANDLER

ist Spanien-Korrespondent der taz.

Spanien alleinzulassen wäre aus moralischer Sicht mehr als verwerflich. Denn der Boom im Immobiliensektor, der sich als Blase herausstellte und den spanischen Bankensektor jetzt an den Rand des Abgrunds brachte, wurde auch mit Geldern aus Deutschland angeheizt. Deutschlands Wirtschaft verdiente gut auf der Iberischen Halbinsel. Ein ganzes Land wurde zu einem nie dagewesenen Konsumrausch verführt. Wer dies nicht glaubt, der schaue sich einmal den Fuhrpark in Spanien an. Die Produkte deutscher Hersteller dominieren.

Kanzlerin Merkel scheint dies vergessen zu haben. Ebenso wie ihre Aussagen in ihrem ersten Wahlkampf, gegen die Regierung Schröder. Sie stellte das vermeintliche spanische Wirtschaftswunder damals als ihr Modell vor. Aber das war gestern.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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11 Kommentare

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  • A
    Amir

    je schneller die Staaten zusammenbrechen, desto eher geht der Schweine-Kapitalismus zugrunde!

    Und wer glaubt denn noch irgendwelchen Aussagen von Politikern oder Wirtschaftsbossen?? Sind wir wirklich so blöd?? Nächste Woche ist doch alles schon wieder ganz anders, plötzlich haben alle wieder glänzendes Wachstum in´s Nirvana.

  • D
    D.J.

    @witzig:

     

    "Es ist fast so als ob die Linke einfach gehasst werden will."

     

    Weiß nicht, ob das eine Frage von Links ist. Es ist eine Frage von dumm und weniger dumm. Auf Seiten der Partei "Die Linke" gibt es m.E. durchaus ein paar gute Analysen (Gysi z.B.); ähnliches ist aber auch bei einigen CDU-Leuten zu beobachten, die dafür von der Parteiführung gedisst werden. Nur bei der Führung von SPD und Grünen sehe ich in der Sache nirgendwo Vernunft am Werke.

  • JK
    Juergen K.

    20 Millionen potentiell Obdachlose in Deutschland

     

    haben an den Golfplätzen und Immobilienblasen in aller Welt

     

    nicht mitverdient.

  • A
    aurorua

    "Deutschlands Wirtschaft verdiente gut auf der Iberischen Halbinsel."

    Ich kann diesen neoliberalen SCHEISSDRECK so langsam nicht mehr hören.

    Wenn überhaupt jemand von diesen Betrügereien profitiert, dann sind es die Reichen und Superreichen.

    Es ist eine regelrechte SAUEREI, dass immer so getan wird als seien Banken und Versicherungen ein abstraktes System das sich selbst organisiert und ähnlichen Störungen unterliegt wie zum Beispiel das Wetter.

    Hinter diesen Systemen stehen MENSCHEN und wenn diese MENSCHEN aus ungezügelter und maßloser Gewinnsucht heraus, nachdem sie ihre Profite abgeschöpft und in Sicherheit gebracht haben, das Ganze an die Wand fahren, kann der Steuerzahler dafür aufkommen.

    Dann wird von Systemrelevanz und was weiß ich was gefaselt, nur weil man sich nicht traut die Verantwortlichen in vollem Umfang zur Verantwortung zu ziehen und Banken nur noch eine Option eröffnet, nämlich die Insolvenz, so wie bei jedem Kaufmann der sich verzockt. Wüssten diese Verbrecher, dass sie mit mindestens zehn Jahren Haft zu rechnen haben und in vollem Umfang in Privathaftung genommen werden könnten, sähe es schon anders aus. Natürlich existiert nicht einmal die rechtliche Grundlage hierfür, weil sich unsere korrupten und ahnungslosen Politiker ja die Gesetze von denen schreiben lassen.

    Bei diesen ganzen "Rettungsorgien" auf Kosten der Steuerzahler werden doch tatsächlich nur die Vermögen der Reichen und Superreichen gerettet.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Irgendwie schon merkwürdig ...

    immer soll Deutschland die moralische Arschkarte gezogen haben ...

    Wenn sie Spekulanten Geld leihen, sind sie schlimmstenfalls ihr Geld los.

    Wenn der Spekulant öffentlich registrierter Spielsüchtiger ist, könnte man über Moral nachdenken ...

    Bank Santander ...

  • K
    K.O.-Tropfen

    "Ein ganzes Land wurde zu einem nie dagewesenen Konsumrausch verführt. Wer dies nicht glaubt, der schaue sich einmal den Fuhrpark in Spanien an. Die Produkte deutscher Hersteller dominieren."

     

    Typisch deutsch: Erst die Spanier mit K.O.-Tropfen gefügig machen und zum Kaufen deutscher Autos zwingen - und dann nicht für den Schaden aufkommen wollen!

  • T
    Tomate

    So, so. Moralisch kommen Sie uns. Also, Hand aufs Herz: ich habe nicht an Spanien mitverdient. Jedenfalls nicht, als ich das letzte Mal alle deutschen "Euro-Rettungs"-Aufwendungen zusammen- und auf den Anteil für mich und meine Familie umgerechnet habe.

     

    Also, Herr Wandler: wenn Sie an der EU letztens so gut verdient haben, dann kommen Sie bitte Ihrer moralischen Verpflichtung nach und rücken Sie nur raus mit den Euros. Alternativ könnten wir die auch per Vermögens- oder Reichensteuer, oder auch per Finanztransaktionssteuer von denen eintreiben, die tatsächlich die letzten Jahre über an der EU so prächtig verdient haben.

  • M
    mark

    Oh ahben die boesen deutschen Unternehmen tatsaechlcih die armen Sapnier verfuehrt ... so ein Quatsch das sind Erwachsene die fuer sich selbst verantwortungsbewusst handeln muessen.

  • P
    pepe

    In Spanien ist nicht allein der Finanzsektor in ziemlicher Schieflage, auch die Kommunen und Comunidades autónomas (entspricht den deutschen Bundesländern) kratzen am Rande der Zahlungsunfähigkeit - häufig da, wo die ausserordentlich korrupte postfaschistische PP seit vielen Jahren die Regierung stellt. Aufgrund der Sparmaßnahmen und der Schleifung des Arbeitnehmerschutzes steigen die Arbeitslosenzahlen immer weiter, die Löhne sind im Keller, das Sozialsystem wird demontiert und jeden Tag gibt es mehr Bettler und Laden- und Banküberfälle, weil immer mehr Menschen schlicht gar keine Unterstützung mehr bekommen.

     

    Die regierende PP ist tief verstrickt in die alles durchdringende Korruption, und deshalb auch nicht besonders interessiert an tiefgehenden Untersuchungen. Deshalb wird mit so einer Maßnahme wahrscheinlich nur noch mehr Geld in den Tiefen der Korruption versenkt, und spätestens in ein paar Monaten ist die nächste Rettungsmaßnahme fällig, weil neue, bisher verschwiegene Löcher öffentlich werden. Aber Hauptsache, die Investitionen der Deutschen Bank sind gesichert, was?

  • G
    grummelkuss

    Reiner Wandler, es tut mir leid

    wenn Sie sich wirklich für Wirtschaftsfragen,

    so interessieren, aber wirklich irrational

    argumententieren.

     

    Deutschland darf NICHT solidarisch sein!!

    Denn diese Zinsaufschläge gegenüber Spanien

    oder Griechenland kommen doch gerade

    eben nicht dem griechischen Volk zu Gute.

     

    Frau Merkel, Physikerin also mathematisch versiert,

    aber dennoch völlig unfähig die Wirtschaftskrise

    zu kapieren, denkt ähnlich abstrus wie Sie.

     

    Die Staatsanleihenzinsaufschläge kommen doch nur

    Spekulanten, die rechtzeitig vor dem Staatsbankrott

    abspringen zu Gute!! Wir Deutsche müssen

    zahlungsfähig bleiben, um selber politisch

    autonom agieren zu können, wenn die EU zusammenbricht!!!

    Und nur wenn in Europa Völker wertvolles Geld haben,

    können die anderen Pleite-Staaten durch unsere Investitionen, die dann von China zum Teil zurück

    nach Europa wandern profitieren, anderenfalls

    liefert man gleich ganz Westeuropa den internationalen Spekulantentum und Staatsfonds aus.

    Sind Sie wirklich so naiv oder von irgendeiner

    Lobby gekauft?

    Ein Bankrott Griechenlands bei vorheriger

    Auslagerung sämtlicher fauler Papiere auf griechische

    Bankensitze, die eh Pleite gehen, wäre das Beste,

    was Europa je hätte passieren können!!!!!!!!!!

    Aber Eure Generation fährt den Laden wieder grandios

    an die Wand und man kann nicht dagegen ankommen!

    Ein ganzer Kontinent ist voller verängstigter,

    feiger Spinner, deren gesunder Menschenverstand

    vor lauter Anpassungsdruck wegevolutioniert ist!

    Na dann!

  • W
    witzig

    Es ist fast so als ob die Linke einfach gehasst werden will. Was haben wir damit zu tun, dass die Spanier über ihre Verhältnisse gelebt haben? Und das mit den deutschen Produkten. Die sind einfach gut, nicht billig. Deswegen kauft die jeder. Nicht weil wir mit vorgehaltender Waffe die Menschen dazu zwingen.

    Ausserdem was soll das heißen" wir haben gut mitverdient". Wir sind wohl das einzige Land in dem Erfolg einem Vorgeworfen wird. Alle EU Länder haben verdient , aber wir sollen zahlen?