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Kommentar Regierungsende in DänemarkDumme Dänen

Reinhard Wolff
Kommentar von Reinhard Wolff

Das Ausscheiden der Volkssozialisten aus der dänischen Regierung war überfällig: Mit „Goldman Sachs“ am Kabinettstisch kann man nicht regieren.

Annette Vilhelmsen, Chefin der Volkssozialisten, sagt tschüss. Bild: dpa

D änemarks „Volkssozialisten“ verlassen die Regierung, weil sie den Verkauf von Teilen des staatlichen Energieunternehmens „Dong“ an „Goldman Sachs“ nicht mittragen wollen. Was an dieser Nachricht allein verwundert: Dass die rot-grüne Partei Wochen brauchte, sich zu diesem Schritt zu entschliessen.

Denn warum verscherbelt eigentlich ein bisheriges Vorbildland in der Klimapolitik ein zentrales Steuerungsinstrument für den klimapolitischen Kurs, wie es ein staatliches Energieunternehmen ist?

Der Staat könne den in Dänemark anstehenden Ausstieg aus der Fossilenergie und teure Offshorwindkraftinvestitionen nicht allein finanzieren - sagen die regierenden Sozialdemokraten: Die Lasten müssten auf mehrere Schuldern verteilt werden.

Und „Goldman Sachs“ ist ja bekanntlich für „kreative“ Geldbeschaffung bekannt. Eine zwar ausschliesslich profitgesteuerte „Kreativität“, für die es - wie die jüngste Vergangenheit zeigte – auch kein Hindernis ist, wenn dabei beinahe ein Land in den Staatsbankrott getrieben wird oder eine Währung unter die Räder kommt. Aber wer wird denn so misstrauisch sein wollen?

„Dumme Dänen“ stand auf Transparenten, mit denen einen Tag vor dem Platzen der Regierung vor dem Regierungssitz demonstriert wurde: Die Art, wie Kopenhagen sich über den Tisch ziehen lässt, wird mit der armer 3. Welt-Länder verglichen, die für kurzfristigen Gewinn ihre Naturressourcen an multinationale Blutsauger verschleudern.

„Dong“ gemacht

Für die eine Millliarde Euro, die die Staatskasse nun kassiert, wird „Goldman Sachs“ nämlich ein umfassendes Vetorecht bei allen wichtigen künftigen Geschäftsentscheidungen von „Dong“ eingeräumt. Und die Banker dürfen ihre Anteile beispielsweise in einigen Jahren auch einfach an „Gazprom“ oder einen anderen Energieriesen weiterverkaufen, an den dieses Vetorecht dann übergeht.

Die Kritik über den Rechtskurs einer sozialdemokratischen Regierung, die nicht nur in der Privatisierung von „Dong“ sondern auch in der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik zum Ausdruck kommt, wächst in den eigenen Reihen. Die Sozis haben rekordschlechte Umfragewerte und an der Basis brodelt es. Mit dem Austritt der Sozialisten sind die Probleme für Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt nicht gelöst, sondern fangen erst richtig an.

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Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.
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20 Kommentare

 / 
  • T
    TOMTOM

    "Mit „Goldman Sachs“ am Kabinettstisch kann man nicht regieren."

     

    Naja, es sei denn, man heißt nicht zufällig Angie Merkel: Dann lässt man sich von Goldman-Sachs Chef Deutschland - Alexander Dibelius - "beraten"...

    • N
      Nordseeländer
      @TOMTOM:

      Die spinnen, die Dänen, und verscherbeln Volkseigentum an Raubtierpaitalisten, Dieses und der wachsende Rassismus und Rechtsextremismus in diesem ehemals freisinnigen und progressiven Land, sind ein Alarmsignal, zudem in DK sogar Sozialisten nationalistisch sind. Eine fürchterliche entwicklung hin zu einem faschistoiden Staat von US of A's Gnaden.

  • M
    Milli

    " ... neoliberalen Agenda ..."

    Nun ja, das begann mindestens bereits Mitte der 1990er Jahre, als es eine Volksabstimmung gegen oder pro EU gab. Es ging damals darum, ob Dänemark sich mehr und mehr in die EU integriert oder ob Ausnahmen weiter gelten würden.

    Schon seinerzeit konnte man über Wahlergebnisfälschung getrost sprechen, da die Volksabstimmung Wahlergebnisse GEGEN die EU erbrachte. Das passte der damaligen Regierung (und den dänischen Industriellen) nicht, so gab es noch im selben Sommer eine zweite Volksabstimmung; da stimmte eine kleine Mehrheit, so um die 51 Prozent pro weiterer Integration Dänemarks in die EU.

    Und nun kommen die Geier, wie Goldmann Sachs und weiden Dänemark aus.

    Was die deutschen Nazis nicht geschafft haben, schaffen Merkel und Goldmann Sachs. Die dänischen Politiker/innen sind nur noch Marionetten, Merkel-gefällig und gefällig und willfährig gegenüber Goldmann-Sachs und der Merkel, die einen konterrevolutionären Feldzug gegen die Länder führt, die sich ihr (der Merkel) nicht unterwerfen; und Gauck gibt den Merkel'schen Militaristen.

  • K
    Knud

    Es wäre auch von enormer Wichtigkeit die unglaublichen Zustände in der dänischen Politik etwas mehr zu durchleuchten, insbesondere nachdem uA auch die TAZ diese rein weiblich geführte Regierung hochgejubelt hatte.

    Nachdem Helle Thorning Schmidt bereits bei der letzten Wahl das schlechteste Ergebnis seit Urzeiten bekommen hat, sollte es zumindest eine Erwähnung wert sein, dass in den letzten Umfragen seit dem skandalösen Anteilsverkauf von DONG-Aktien an Goldman Sachs, die Sozialdemokraten hinter den RECHTEN von der DF(Dansk Folkeparti) zurück gefallen sind, so dass die Soizialdemokraten mittlerweile nur noch drittstärkste Kraft sind.

    Eine Katastrophe sondergleichen...

    Nachdem Helle bereits eine sehr bürgerlich-konservative, ja glockenklare neoliberale Politik betrieben hat, haben die Linken in Dänemark auf Jahre keine Chance mehr, und Venstre und Konsorten( der reale konservativ-neoliberale Block) werden mit Sicherheit die nächste Wahl gewinnen.

    Viele Dänen haben wirkliche Angst vor dieser Zukunft, und die Schuldige klebt am Posten( wie auch einige SF'er).

     

    Dies ist eine wirklich erste Sache...

     

    Die Wähler dieser momentanen dänischen Regierung wurden verar---t in epischen Dimensionen, geradezu zum Frass vorgeworfen, und ein Corydon, der super neolib der Sozialdemokraten, und Gucci-Helle, ja die machen weiter, warum, hm...

     

    Könnte mir vorstellen, dass Dänemark die nächste Ukraine wird, so unvorstellbar das auch erscheinen mag..aber wir leben halt in destuktiven Zeiten, da das Kapital den Hals nich voll bekommt.

    Und ja, ich lebte viele Jahre in Dänemark, habe auch am KUC studiert, habe auch mit einem Minister(Lykketoft) zusammen ne Wurst am Imbiss gegessen, da er immer nur radelte..ohne Schutz und allein...f

    Diese Zeiten sind wohl, leider, auf ewig vorbei in Dänemark, die Berufspolitiker und Lobbyisten haben übernommen, wie bereits bei uns...

     

    Ist wohl bald Zeit Farbe zu bekennen..

  • S
    Sören

    Es ist etwas zu einfach, den Sozialdemokraten die Schuld für die Probleme zu geben. Die Koalition operiert als Minderheitsregierung, und muss daher Kompromisse machen. Außerdem steht die sozialliberale Partei eher zu einem "wirtschaftsfreundlichen" Kurs. Diesen Hintergrund nicht zu berücksichtigen, ist nicht fair.

     

    In Bezug auf die Sozialistische VP muss man sehen, dass sie von den Kompromissen, die eine Koalitionsregierung erfordert, wohl überfordert war. Tatsächlich sind ja auch (ehemalige) Minister zur sozialdemokratischen Partei gewechselt.

     

    Grundsätzlich muss man eben akzeptieren, dass zur Demokratie Kompromisse gehören, und eine Partei nicht ihre Vorstellungen zu 100 % umsetzen kann. Daraus wieder eine ideologische Frage von Links und Rechts machen ist falsch, genauso wie es lächerlich ist, in diesem Zusammenhang von Kommunisten zu sprechen.

     

    Es ist auch nicht richtig, sich immer anzumaßen, darüber zu entscheiden, was "links" ist, und wer Verräter ist oder nicht. Sowas mag in marxistischen Gruppen in den 70ern üblich gewesen sein, heute wirkt es ziemlich verstaubt.

    • @Sören:

      Ich denke, es ist zu einfach, jeden Scheiss mit der Catch-all-Phrase von der „notwendigen Kompromissfähigkeit“ weichzuspülen und so zu legitimieren. In meinen Augen gibt es keine legitime Rechtfertigung für die Bevölkerungsvertretung eines reichen Landes, staatliches Tafelsilber an eine ebenso zweifelhafte wie einflußreiche Abzockerklitsche wie Goldman Sachs zu verhökern.

       

      Erst recht nicht, wenn sich diese Volksvertretung als „sozialdemokratisch“ versteht.

       

      Dummheit? Das war auch mein erster Erklärungsimpuls. Vermutlich zeigt dieser Deal jedoch viel eher, wie erfolgreich betriebene Lobbyarbeit im Auftrag von Goldman Sachs im Endergebnis aussieht.

  • K
    Knud

    Goldman Sachs bekommt bei gerade 19 Prozent Beteiligung ein Veto-Recht. Absolut unerhört. Nicht wenige Kritiker sagen auch, dass DONG stark unterbewertet wurde, also auch der Verkaufspreis viel zu niedrig ist. "Gucci-Helle" wird ihrem Nickname absolut gerecht und führt eine klare konvervative Politik.

    Die dänischen Sozialdemokraten sind zZ ein reines Fiasko. So gut wie alle Wahlversprechen wurden gebrochen, teilweise sogar das exakte Gegenteil getan. SF musste aus der Regierung austreten, da sonst der letzte Rest Glaubwürdigkeit verspielt worden wäre.

    Das Sahnehäubchen war jedoch, dass die jetzige Gesundheitsministerin astrid Krag, denn nachdem klar war dass SF aus der Regierung ausztreten werde, hat Krag ihren Austritt aus SF und Eintritt bei den Sozialdemokraten verkündet mit der lächerlichen Begründung, bei den Sozialdemokraten mehr linke Politik machen zu können. Unglaublich.

    Dazu sollte man wissen, dass die junge Ministerin außer dem Abitur keine Ausbildung gmeacht hat, was an sich schon für eine Gesundheitsministerin! unglaublich ist.

    Nun ja, Dänemark hat sich der neoliberalen Agenda untergeordnet, und das während einer "linken" Regierungsmehrheit.

    Nicht zu vergessen Margrete Vestager, eine andere Parteichefin der Regierungsparteien...

    Usw usf, man könnte noch so viel mehr schreiben...

  • K
    Kimme

    Ich hoffe bei uns sind die Politiker auch so intelligent und sind bereit so einen Schritt zu gehen, falls es nötig wird. Leider sehe ich das bei keiner aktuellen Partei, außer vlt. den Piraten.

  • RK
    rosa karlchen

    wer hat uns verraten? die sozialdemo...

    also jetzt auch in dänemark...

  • S
    Shaniana

    Mir erschließt sich dieser Verkauf auch nicht und ich bin auch erstmal gefühlt dagegen. Aber warum müssen es im Artikel "multinationale Blutsauger" sein?

    • H
      Hugo
      @Shaniana:

      Die Wortwahl kehrt wieder, Hr. Wolff kennt LTI von Victor Klemperer wahrscheinlich nur aus den Einführungskursen in Germanistik. Dafür erinnert er sich an Begriffe wie "multinationale Blutsauger". Demnächst dann "Plutokraten"?

      Mal sehen wie die Taz sich weiterentwickelt, Zynismus kann sich locker integrieren in neofaschistisches Dummschreiben.

  • E
    Eremit

    Irgendwann in 10 oder 15 Jahren oder so werden wir erfahren, daß es systematische Programme zur Unterwanderung der Europäischen Sozialdemokraten gab, bzw. deren Parteivorstände. Und besonders erfolgreich waren diese Programme in Deutschland, und, wie man sieht, auch Dänemark.

    Irgendwie tanzen sie alle an denselben Fäden, zur gleichen Musik. Wie Gabriel, der mal innerhalb weniger Tage die Energiewende abräumt.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    So ähnlich wird es hier bei uns auch bald kommen...

  • B
    bempo

    Die Sozialdemokratie in ganz Europa ist doch längst von neoliberalen, wirtschaftsaffinen Maulwürfen unterwandert worden. Wo man auch hinsieht, vollzieht sich offen vor aller Augen die gleiche Entwicklung. Die Volksvertreter verkaufen ihr Volk an die neuen Feudalherren der Welt (frei nach Pispers). Mal sehen, wie lange das noch gut geht? Aber was soll schon passieren, wahrscheinlich steht die innereuropäische Miliztruppe zur selbsvertsätndlich alternativlosen Niederschlagung sozialer Proteste bis dahin schon lange. Schliesslich brauchen wir keine Neiddebatte!

  • K
    kokoko

    Das Buzzword "Goldman Sachs" scheint ihnen zu genügen um völlig von einem argumentativen Diskurs des Für und Widers des Verkaufs abzusehen. Seriös wäre es gewesen, ohne den Namen GS, der Verschwörungstheoretikern aller Coleur Nahrung gibt, zu erörtern ob das eine gute Entscheidung war. Und GS für die Probleme Griechenlands oder der Eurozone (allein-) verantwortlich zu machen ist nun wirklich der Gipfel der Absurdität. Hier wird leider nur noch emotional und semantisch argumentiert.

    • PH
      Peter Haller
      @kokoko:

      Dass es immer noch Leute gibt, welche glauben Goldmann Sachs in Schutz nehmen zu müssen, raubt mir den letzten Rest von Glauben an die Menschheit !

      Und dann noch solche wie user COMMUNISMKILLS und ....

  • C
    CommunismKills

    Und trotzdem finde ich das Ausscheiden von Kommunisten aus einer europäischen Regierung als gutes Zeichen.

    • OS
      Och süüüß, das arme Würstchen
      @CommunismKills:

      Auweia... also ersten geht es im Artikel nicht um Kommunisten, sondern um Sozialdemokraten. Ja, da gibt es tatsächlich Unterschiede, die sind von weit rechts hinten vielleicht schwer auszumachen. Und zweitens: Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen? Oder zumindest die Zusammenfassende Unterschrift? Themaverfehlung, setzen, sechs. BILD.DE scheint wohl überlastet zu sein, dass solche Ressentiment-Vomitierer in den TAZ-Kommentarspalten landen

  • R
    Rainer

    Ja natürlich, die "Dummheit" wächst! Aber ist´s die Dummheit? Man sollte diese Leute wegen Korruption anklagen. Haben Sie übrigens schon gehört, dass Gabriel alle SPD-Mitglieder pauschal in die CDU überführen will. Es soll da ein Geheimabkommen zwischen Gabriel, Nahles einerseits und Merkel, Kauder andererseits geben. Goldman-Sachs sponsort dann für 10 Jahre die Mitgliedsbeiträge der Neumitglieder.

  • R
    routier

    Die Dänen sind genauso blöööde wie die Berliner