Kommentar Regierung Palästina: Von Kairo gelernt
Die Popularität von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sinkt kontinuierlich. Jetzt löst er die Regierung auf und ruft Neuwahlen aus. Das wurde höchste Zeit.
P alästinenserpräsident Mahmud Abbas kommt dem Ruf des Volkes nach seinem Abgang zuvor, indem er Neuwahlen ankündigt und das Kabinett auflösen lässt. So wie sein ägyptischer Amtskollege möchte Abbas ungern enden. Dann lieber freiwillig gehen, mit erhobenem Kopf und mitsamt Kabinett. Die Regierung, die nie gewählt wurde, und der Präsident, dessen Amtszeit vor über zwei Jahren ablief, wollen sich verabschieden. Es wird höchste Zeit.
Die Popularität des Palästinenserpräsidenten sinkt hartnäckig. Abbas hat weder den Frieden mit Israel vorangetrieben noch die innerpalästinensische Versöhnung. Mit Brutalität lässt er Regimegegner verfolgen. Der Sicherheitsapparat ist so aufgeblasen, dass er die internationalen Aufbaugelder verschlingt, während die hohen Arbeitslosenzahlen bleiben.
Regierungschef Salam Fayyad verfolgt unterdessen nahezu im Alleingang, aber immerhin mit großer finanzieller Hilfe aus dem Ausland die Ausrufung des Staates Palästina. Seine Mission ist mit dem Wegfall des engen Verbündeten in Kairo nicht leichter geworden. Die USA versagen die Rückendeckung für "Palästina", und auch das Nahost-Quartett, inklusive der EU, spielt bei Fayyads Plan nicht mit, was seine Aussichten auf Erfolg praktisch zunichte macht.
SUSANNE KNAUL ist Israel-Korrespondentin der taz.
Um einer künftigen Regierung die notwendige Legitimität zu verschaffen, darf der Urnengang nicht auf das Westjordanland beschränkt bleiben. Noch sträubt sich die Hamas zu kooperieren. Möglich ist, dass mit dem Wegfall des Vermittlers Ägypten die Voraussetzungen für eine Versöhnung besser sind als bisher. Denn ohne die Rückendeckung aus Kairo wird sich die Fatah stärker auf die Hamas zubewegen müssen. Die Frage, die sich dann stellt, ist: Wie weit will der Westen dann noch mit Abbas oder dessen Nachfolger kooperieren?
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