Kommentar Razzien gegen Linke: Plump, hysterisch und dreist
Der Oberstaatsanwalt wollte sich mit der Razzia gegen die Linken einreihen in die Stimmungsmache der schwarz-gelben Regierung.
D as Vorgehen des Dresdner Oberstaatsanwalts Christian Avenarius ist plump und dreist, es kommt aber nicht aus heiterem Himmel.
Begründet hat er die von ihm angeordneten Razzien gegen zwei linke Einrichtungen in Dresden und Berlin damit, dass Antifas mit Plakaten zu einer Straftat aufgerufen hätten. Konkret geht es um die Parole "Gemeinsam blockieren" - und zwar Europas größten rechten Aufmarsch am 13. Februar in Dresden, zu dem Neonazis bereits eifrig mobilisieren.
Abgesehen davon, dass den Aufruf auch Jusos, Gewerkschaften und Grüne unterschrieben haben, in deren Geschäftsstellen sich die Polizei nicht hineinwagte - ein Oberstaatsanwalt wird wissen, dass eine Blockade seit dem Grundsatzurteil von 1995 nicht strafbar ist und damit auch nicht der Aufruf dazu. Doch darum wird es ihm gar nicht gegangen sein.
Vielmehr wollte er sich mit dieser Polizeiaktion einreihen in die Stimmungsmache der schwarz-gelben Regierung und anderer, die es für angesagt halten, eine linksextremistische Gefahr heraufzubeschwören. Bundesfamilienministerin Kristina Köhler (CDU) kündigte bereits an, ihr "Extremismus"-Programm auf die linke Szene auszuweiten.
Das soll sie gerne tun. Denn dann muss sie erklären, wo die Gefahr aktuell lauert, was sie so menschenfeindlich macht und um wen es sich bei "Linksextremisten" überhaupt genau handelt? Sind es die Autoabfackler, bei denen zu mehr als 50 Prozent gar kein politisches Motiv zu erkennen ist, wie auch die Polizei bestätigt?
Formal gibt es in diesem Land die Gewaltenteilung. Das heißt: Justiz und Ministerien handeln unabhängig voneinander. Wohin eine sachlich unausgegorene Kampagne jedoch führen kann - das hat sich nun mit dem Dresdner Oberstaatsanwalt und seinen überzogenen Razzien gezeigt. So plump wie er wäre nicht einmal Frau Köhler gewesen. Mitverantwortlich ist sie trotzdem.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen