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Kommentar Rauchverbot-AufhebungLetztes Glimmen

Kommentar von Christian Füller

Die Illusion von der letzten Zigarette. In Rheinland-Pfalz darf in Mini.Kneipen weiter geraucht werden. Eckkneipenbesitzer haben eine Eilentscheidung erwirkt.

M it der letzten Zigarette ist das so eine Sache. Sie bereitet Vergnügen, steht aber auch für Schmerz und Abschiednehmen. Sie markiert eine Zäsur, manchmal sogar eine regelrechte Wende im Leben des Nikotinsüchtigen. Aber am Ende qualmt sie dann öfter, als jene denken, die melancholisch dem Rauchen abschwören. Ist das mit der letzten Zigarette also eine Illusion?

So scheint es jetzt jedenfalls mit dem Mikro-Urteilchen in Rheinland-Pfalz. Ein paar nervöse Eckkneipenbesitzer haben eine Eilentscheidung erwirkt, nach der das Rauchverbot für einräumige Spelunken nicht in Kraft treten darf. Vorerst, wohlgemerkt - und es wurde auch nur dieser eine Passus im Gesetz vorläufig suspendiert. Ein bisschen Aufschub also für die letzte Zigarette.

Die Qualmköpfe der Nation aber hoffen, das Urteil könnte bei den Rauchverboten zu einer Wende führen. Solche Nikotinfans gründen derzeit Initiativen, um den "Feldzug gegen den Genuss" zu stoppen. Sie wollen aus der Verfassung ein Recht aufs Rauchen ableiten, ja, gar als verfolgte Minderheit bemitleidet werden. Manche entblöden sich nicht mal, Begriffe wie Qualmwarte und Anti-Rauch-Gestapo in die Debatte zu werfen.

Vielleicht würde es ihnen helfen, mal in eine nichtverqualmte Kneipe zu gehen? Dann würde der Blick auf die neue Realität der Gasthäuser frei: Es ist einfach schöner ohne Dunst. Das Geschäft selbst von Einraumkneipen läuft eben nicht schlechter, sondern im Gegenteil: besser. Ganz offensichtlich macht es den Menschen Spaß - und zwar Rauchern wie Nichtrauchern -, nicht nach jedem Barbesuch tagelang die Klamotten lüften zu müssen. In Wahrheit fragen sich viele: Wieso haben wir es uns so lange bieten lassen, dass Abendessen und Weingenuss vernebelt werden?

Nein, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu Koblenz ist in Wahrheit das letzte Glimmen am Ende des Tunnels. Es erlaubt, noch einen Moment länger solche gesundheitsgefährdenden Räucherkammern zu betreiben. Aber es ist nur ein Lichtlein, das die Gerichte und die Gesellschaft bald auspusten werden. Rauchen in geschlossenen Räumen ist passé! Darauf eine letzte Zigarette - draußen vor der Tür.

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7 Kommentare

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  • B
    bastian

    Eine Frage: Warum sind allein im Jahr vor dem Rauchverbot 1000 Kneipen in Dt. Pleite gegangen, wobei 100% davon Raucherkneipen waren?

     

    Zweite Frage: Was bringt es dem Wirt wenn zwar geraucht werden darf, aber eben nur das ohne das konsumiert wird? (Nichtraucher bringen auch nicht Ihre Äpfel von zuHause mit)

     

    Viele Wirte machen jetzt Rauchervereine, mit dem Vereinsziel des "rauchens", da Verein, ohne Gewinnerzielungsabsicht ? zu deutsch: lieber lassen sie das rauchen erlauben, als Gewinn zu erzielen, lieber bleiben sie geschlossene Gesellschaft als alle Kunden anzusprechen, lieber erlauben sie zwei Gästen das rauchen (die in einer Rauchervereinskneipe nichtmal die Pflicht haben dort Bier zu trinken), anstatt sich aufs Bierverkaufen zu konzentrieren. Das ist, als würde ein Restaurant ein Apfelverein werden, wo jeder sich beliebig aufhalten darf um mitgebrachte Äpfel zu konsumieren, ein Verzehrzwang vom Angebot des Wirtes besteht dabei nicht. Folge: Pleite.

     

    Die Eckkneipen waren schon vor dem Rauchverbot dem Untergang geweiht, ganz einfach weil sie von vornherein nichtrauchende Gäste ausschlossen, und eben mit den zwei, drei rauchenden Stammgästen eh nicht überleben können.

     

    Und, was in der Analyse der Entscheidung immer vergessen wird: der Wirt klagte nicht gegen das Rauchverbot an sich, sondern nur gegen die Ungleichbehandlung weil Raucherzimmer anderswo erlaubt waren. Deswegen hat das Gericht das rauchen vorerst in inhabergeführten erlaubt, wird aber vorraussichtlich gleiche Bedingungen für alle fordern, d.h. ohne Ausnahmen und ohne Raucherzimmer. Dann darf nämlich in Mehrraumkneipen auch nicht mehr geraucht werden.

     

    So sorgt das Urteil aus RLP dafür das es auch dort bald eine Regelung wie in Bayern gibt: keine Hintertürchen für Raucher.

  • AV
    Alexander van Essen

    Ich frage mich, woher Sie Ihre Erkenntnis haben, dass die Einraumkneipen keine Kunden verlieren. In den mir bekannten Eckkneipen ist es jetzt schön - schön leer.

    Wenn es den erhöhten Zulauf durch das Rauchverbot tatsächlich geben würde, bräuchten wir das Nichtrauchergesetz nicht. Denn eines ist klar: Wenn die Wirte dieses Marktpotential sehen würden, wären die Kneipen längst gesetzlos rauchfrei.

    Die Lösung ist doch ganz einfach: Freut Euch an den mehrheitlich rauchfreien Gaststätten und lasst die alten Männer in ihren verquarzten Stampen in Ruhe.

    Und wir sollten hellhörig werden, wenn ein Teil der "Gesellschaft" einem anderen Teil "das Lichtlein ausbläst".

  • KP
    Klaus Priesucha

    Raucher aller Länder vereinigt euch!

     

    Einst träumte man von einer Gesellschaft, in der staatliche Gewalt auf ein Minimum reduziert wird, Konflikte kommunikativ gelöst werden. Heute genießen so einige, einmal die Staatsgewalt auf ihrer Seite zu haben - auch und gerade im privaten Bereich.

    Geht es doch gegen Mitmenschen, die nicht Gesundheit als höchsten Wert anhimmeln, sondern ein Laster pflegen. Und gegen andere, die ? trotz Eigengefährdung ? dies hinnehmen. Die sich nicht schütteln, wenn ihre Klamotten einen Tag nach einem Barbesuch nach einer wilden Nacht riechen. Sich Vergnügen nicht nur im Rahmen des ärztlich Empfohlenen gönnen. Denn beiden geht gemeinsame Lebensfreude vor einem langen, krankheits- konfliktfreien und ebenso ereignisarmen und langweiligen Leben.

     

    ?Das Geschäft selbst von Einraumkneipen läuft eben nicht schlechter, sondern im Gegenteil: besser.? Wenn C. Füller das so gut weiß und somit klagende Gastwirte zu Schlafmützen ernennt, warum hat er in den seligen Zeiten der Rauchertolerierung nicht schon lange eine rauchfreie Eckkneipe in einem Unterschichtenviertel aufgemacht?

    Zudem, vielleicht laufen ja auch Diskos, Rockkonzerte und Rummelplätze besser, sollte ihnen Zimmerlautstärke (staats)gewaltsam befohlen werden.

     

    Darum, Raucher aller Länder vereinigt euch! Gegen die Diktatur des Elitariats, auch wenn es sich alternativ-flockig gibt. Gegen Gesundheitsapostel, Mäßigkeitsstifter, Spaßverderber; gegen den Terror der Tugend.

     

    klaus priesucha, Oldenburg

  • MW
    Martin Wandersleb

    Ihr Kommentar ist leider kein Kommentar, sondern reine Polemik; wahrscheinlich trifft das Wort Qualmwart völlig auf Sie zu. Ich bin selbst seit 6 Jahren Nichtraucher und genieße das Nichtrauchen in Kneipen (oder Spelunken) sehr, finde Ihre Intoleranz aber unangenehm. Zudem verkennen oder Sie, dass das Geschäft von Einraumkneipen zur Zeit wirklich schlechter läuft, und das Rauchverbot hat gewiss seinen Anteil daran.

    Beim nächsten Mal vielleicht wieder einen Kommentar, Herr Füller?

  • KP
    klaus priesucha

    Raucher aller Länder vereinigt euch!

     

    Einst träumte man von einer Gesellschaft, in der staatliche Gewalt auf ein Minimum reduziert wird, Konflikte kommunikativ gelöst werden. Heute genießen so einige, einmal die Staatsgewalt auf ihrer Seite zu haben - auch und gerade im privaten Bereich.

    Geht es doch gegen Mitmenschen, die nicht Gesundheit als höchsten Wert anhimmeln, sondern ein Laster pflegen. Und gegen andere, die ? trotz Eigengefährdung ? dies hinnehmen. Die sich nicht schütteln, wenn ihre Klamotten einen Tag nach einem Barbesuch nach einer wilden Nacht riechen. Sich Vergnügen nicht nur im Rahmen des ärztlich Empfohlenen gönnen. Denn beiden geht gemeinsame Lebensfreude vor einem langen, krankheits- konfliktfreien und ebenso ereignisarmen und langweiligen Leben.

     

    ?Das Geschäft selbst von Einraumkneipen läuft eben nicht schlechter, sondern im Gegenteil: besser.? Wenn C. Füller das so gut weiß und somit klagende Gastwirte zu Schlafmützen ernennt, warum hat er in den unseligen Zeiten der Rauchertolerierung nicht schon lange eine rauchfreie Eckkneipe in einem Unterschichtenviertel aufgemacht?

    Zudem, vielleicht laufen ja auch Diskos, Rockkonzerte und Rummelplätze besser, sollte ihnen Zimmerlautstärke (staats)gewaltsam befohlen werden.

     

    Darum, Raucher aller Länder vereinigt euch! Gegen die Diktatur des Elitariats, auch wenn es sich alternativ-flockig gibt. Gegen Gesundheitsapostel, Mäßigkeitsstifter, Spaßverderber; gegen den Terror der Tugend.

     

    klaus priesucha, Oldenburg

  • JE
    Julie Engel

    Ich freue mich sehr über diesen (kleinen) Erfolg für die Kneipenwirte. Ich würde mir auch nicht wehrlos die Existenz vernichten lassen. Ich hoffe, dass auch im Hauptverfahren für die Wirte entschieden wird. Es muss den Inhabern überlassen werden, ob sie eine Raucher- oder eine Nichtraucherkneipe führen möchten.

  • PG
    Peter Gabriel

    Diese ständige Prozesshanselei gegen ein endlich mal gutes und längst notwendiges Gesetz, zeugt von völlig verqualmten Gehirnen.

    Sie werden´s auch noch kapieren. Irgendwann.