Kommentar Randale in Jerusalem: Aufwind für Hardliner
Nach der Ermordung der Jugendlichen verhärten sich die Fronten zwischen Israelis und Palästinensern. Das beflügelt besonders radikale Positionen - auch die Netanjahus.
D a meint doch tatsächlich ein Kommentator der New York Times, nur Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu könne der Welle von Gewalt ein Ende setzen, die seit der Ermordung dreier junger Israelis und eines Palästinensers über Teile von Israel und die Palästinensergebiete rollt. Die Logik hinter dieser erstaunlichen Feststellung: Nur der Premier könne jetzt durch entschlossenes Durchgreifen gegen jüdische Gewalttäter und Radikale beweisen, dass das Gesetz in Israel für alle gelte.
Worte, die kaum Wirkung haben dürften, denn Radikale sitzen an seinem Kabinettstisch – zwar selbst keine Gewalttäter, aber doch (un)moralisches Rückgrat für solche. Und Netanjahu selbst hat ja allzu oft in aller Öffentlichkeit dieselbe Linie verfolgt: Die Palästinenser werden als Terroristen verteufelt, ihr Anspruch auf einen eigenen Staat als Bedrohung Israels hingestellt, und selbst als es zum Versuch einer Aussöhnung zwischen PLO und Hamas kam, war die Netanjahu nicht recht: Er brach die ohnehin geringen Friedenskontakte zu Palästinenserpräsident Abbas ab.
Natürlich gibt es erbitterte Feinde Israels unter den Palästinensern. Ihre Zahl ist seit den massiven Verhaftungen nach der Entführung der drei jungen Siedler sicher gewachsen. Erst recht nach der Verbrennung eines palästinensischen Teenagers.
In israelischen Städten aber häufen sich Graffiti, die ungestraft „Tod den Arabern“ fordern. Das hat es immer schon gegeben und das wurde nie mit der gebotenen Härte verfolgt. Auf diese Weise kehrt in die Köpfe auch der Nichtradikalen das Gefühl der Konfrontation zurück, das man gelegentlich in Vergessenheit hoffte. Die Hardliner beider Lager gewinnen so die Oberhand und sorgen dafür, dass eine friedliche Regelung für gar nicht möglich gehalten wird. Und Netanjahu wäre der Letzte, solches zu verhindern.
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